Nach den Niederlagen gegen Stuttgart und vor fünf Monaten in Augsburg fordert Trainer Fink von seinem Team heute eine Trotzreaktion.

Hamburg. Eines war Thorsten Fink kurz vor der Abreise gestern Mittag nach Augsburg noch mal sehr wichtig: "Die Jungs dürfen ein Bier trinken, sie müssen aber kein Bier trinken", sagte der HSV-Trainer, der zuvor erklärt hatte, dass es seit einigen Wochen Usus (nicht Ouzo!) sei, dass sich die Hamburger am Vorabend eines Bundesligaspiels um Punkt 22 Uhr an der Hotelbar auf ein Feierabendbierchen treffen. Die Betonung, so Fink, liege aber deutlich bei dem Wörtchen "ein". "Mir ist es wichtig, dass alle noch mal zusammenkommen und man sich noch ein bisschen unterhält. Aber selbstverständlich wollen wir uns nicht betrinken."

Zum exzessiven Alkoholgenuss in der Bar des Ringhotels Augsburg gab es gestern Abend ohnehin keinen wirklichen Anlass. Nach der enttäuschenden 0:1-Niederlage gegen den VfB Stuttgart am vergangenen Wochenende geht es heute Abend beim FC Augsburg (20.30 Uhr/Sky und im Liveticker bei abendblatt.de) nicht mehr um die Verlängerung einer Erfolgsserie, sondern vor allem um Wiedergutmachung. "Ich habe den Jungs sehr deutlich gesagt, dass ich gegen Augsburg eine Reaktion sehen will", sagte der 44-Jährige unmissverständlich, "wir müssen wieder viel aggressiver auftreten."

Die überraschende Heimniederlage gegen Stuttgart hat Fink tatsächlich mehr beschäftigt, als er es öffentlich zugeben mag. Anders als sonst hat er seinen Trainerstab und Sportchef Frank Arnesen bereits am Montagmorgen um 8.30 Uhr zur detaillierten Aufarbeitung gebeten, um anschließend mit den Vorbereitungen für das Spiel gegen Augsburg zu beginnen. Seiner Mannschaft hat er Videosequenzen von den überzeugenden Auftritten gegen Dortmund und Gladbach gezeigt, um die Spieler an ihre eigenen Qualitäten zu erinnern. "Thorsten hasst es zu verlieren", sagt Arnesen, "eine Niederlage will er schnellstmöglich wieder gutmachen."

Genau das konnte Fink nach dem letzten Auftritt in Augsburg, wo der HSV am letzten Spieltag der Vorsaison 0:1 verloren hatte, nicht. "Vor dem bedeutungslosen Spiel in Augsburg am letzten Spieltag habe ich den Jungs gesagt: ,Heute könnt ihr frei aufspielen, zeigt, was ihr könnt'. Doch dann kam einfach nichts", erinnerte sich Fink in der "Sport Bild" mit Grauen an die Partie vor fünf Monaten zurück, "bei dem einen oder anderen Spieler hat mir diese Niederlage die Augen geöffnet."

Tatsächlich sind mit Heiko Westermann und Dennis Diekmeier gerade mal zwei Spieler aus der damaligen Startelf übrig, auf die Fink auch heute Abend von Beginn an setzen wird. Spieler wie Jacopo Sala oder Robert Tesche, die den Trainer damals restlos enttäuschten, sind nicht mal im Kader dabei. Paolo Guerrero und Gökhan Töre, auf dessen Verbleib Fink trotz Töres unbestrittenen Talents keinerlei Wert mehr gelegt hatte, sind längst verkauft. "Ich kann mich noch gut an die damalige Partie erinnern, und ich weiß auch, wie sauer Thorsten war", sagt Arnesen. "Immer dann, wenn sich in der vergangenen Saison die Lage ein wenig entspannte, hat es der eine oder andere zu locker angehen lassen. Das hat Thorsten maßlos geärgert."

Direkt nach dieser letzten Enttäuschung einer ohnehin verkorksten Saison setzten sich Fink und Arnesen zusammen und entschieden, dass die Mannschaft in der neuen Spielzeit ein anderes Gesicht bräuchte. "In der vergangenen Saison hatten wir zu wenige Chefs auf dem Platz. Das ist nun anders. Neben Heiko Westermann sind da jetzt auch noch René Adler und Rafael van der Vaart, die vorangehen", sagt Arnesen, dem Fink uneingeschränkt zustimmt: "Ich wusste, dass wir Spieler brauchen, die richtige Säulen sind, starke Charaktere. Es braucht einfach zwei, drei Spieler, die den Weg vorgeben." Genau das fordern Fink und Arnesen auch heute Abend von ihren Führungsspielern. "Gegen Augsburg müssen wir eine andere Einstellung zeigen als gegen Stuttgart. Wir haben eine andere Qualität in der Mannschaft als in der vergangenen Saison. Wir brauchen aber auch eine andere Mentalität", sagt Arnesen, der am Abend in der SGL-Arena eine Trotzreaktion des HSV erhofft.

Fink setzt dabei zum sechsten Mal in Folge auf das gleiche Grundgerüst, lediglich Maximilian Beister ersetzt den verletzten Petr Jiracek im linken Mittelfeld. Beim Abschlusstraining kurz vor dem Flug nach München gestern Vormittag war der geforderte Mentalitätswechsel bereits deutlich zu erkennen. Während Marcell Jansen noch in der Vorwoche davon gesprochen hatte, dass er nach dem laschen Training vor dem Stuttgartspiel schon ein schlechtes Gefühlt gehabt habe, war die Stimmung nach der intensiven Einheit gestern wieder bestens. Fehlen also nur noch drei Punkte heute Abend. Und Prost!