Die Champions League lehrt, dass Geld nicht immer gewinnt. Darüber sollte heute Abend auch der HSV nachdenken

Welch ein Erfolgserlebnis! Die Bundesligaklubs mischen Europa auf. Drei deutsche Siege in der Champions League, der Leistungsschau des kontinentalen Fußballs. Da wurde nicht etwa gegen Barfuß Liechtenstein gewonnen, sondern in Lille (FC Bayern), bei Arsenal London (Schalke 04), und Borussia Dortmund besiegte sogar die Weltstars von Real Madrid. Ein legendärer Spieltag, der eines zeigte: Deutschlands Fußball ist wieder da. Zweite Erkenntnis: Nach Italien scheint nun auch der englische Vereinsfußball in die Krise zu steuern, denn Klubs wie Manchester United, Manchester City, der FC Chelsea und der FC Arsenal haben viel an Glanz und Überlegenheit eingebüßt, obwohl sie immer noch im Geld von Scheichs und anderen Ölmilliardären schwimmen. Deutschland holt auf und spielt wieder mit.

"Alle haben gearbeitet wie Stiere. Und sollte irgendwann jemand am Charakter dieser Mannschaft zweifeln, würde er sofort meinen Respekt verlieren. Die Jungs verlangen sich immer alles ab. Wir machen vieles falsch, aber wir wollen immer." Das sagte Dortmunds Trainer Jürgen Klopp nach der rauschenden Ballnacht im Ruhrgebiet. In der Tat: Was der BVB und Real an diesem Abend geboten haben, war Fußball zum Verlieben.

Für solche außergewöhnlichen Leistungen muss ein Verein nicht unbedingt Weltstars wie Ronaldo, Messi oder Ibrahimovic unter Vertrag haben. Es genügen offenbar auch junge deutsche Talente, die noch hungrig auf Erfolge sind. War es nicht herrlich, junge Leute wie Marco Reus und Mario Götze durch die "königliche" Abwehr dribbeln und wirbeln zu sehen? Darüber hinaus haben alle gearbeitet - "wie Stiere", wie es der Coach so treffend ausdrückt.

Arbeit ist das Stichwort. Es ist nämlich nicht nur das Geld, das diese Erfolge ermöglichte. Es ist die Kunst der Trainer, ein Star-Ensemble wie das der Bayern, des BVB und das von Schalke zusammenzuhalten, zum Laufen und Kämpfen zu bringen. In München, Gelsenkirchen und Dortmund gelingt es zunehmend besser. Klopps Erfolgsgeheimnis: Charakter.

Genau das ist für alle Bundesliga-Vereine nachahmenswert. Auch für den HSV. Der trifft heute Abend auf die Namenlosen vom FC Augsburg. Vom Etat her liegen Welten zwischen den Klubs. Der HSV gibt für seine Truppe 39 Millionen Euro im Jahr aus, der FCA lediglich 17 Millionen. Der Tabellensiebte der Geldrangliste trifft auf den Vierzehnten. Und weil Geld inzwischen sehr wohl Tore schießt, müsste die Frage nach dem Sieger eigentlich schon vor dem Anstoß um 20.30 Uhr geklärt sein.

Wenn da nicht jene Details wären, die den Fußball so liebenswert und oft auch unberechenbar machen. Arbeiten ("wie die Stiere" eben), Charakter, dazu das nötige Talent, viel Spaß und Leidenschaft. Die großen deutschen Klubs in der Champions League haben mit ihren jüngsten Erfolgen bewiesen, dass eine Mannschaft das alles sehr wohl in sich vereinen kann.

So gesehen hat der HSV noch ein großes Ziel vor Augen. Und jede Menge Arbeit vor sich.

Übrigens: Der FC Bayern hat einen Saisonetat von 125 Millionen Euro, der VfL Wolfsburg, der sich nun gerade von Trainer und Manager Felix Magath getrennt hat, rangiert mit 90 Millionen auf Rang zwei, dahinter folgen Schalke mit 65 und Dortmund mit 48,5. Ein Beweis, dass es keine Regel ohne Ausnahme gibt. In Wolfsburg muss das Geld nämlich erst wieder lernen, Tore zu schießen.

Aber das gilt wohl auch für Hamburg und den HSV.

Die HSV-Kolumne "Matz ab" finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab