Erstmals in seiner Amtszeit hat HSV-Trainer Fink die Qual der Wahl. Im Winter soll der Kader von 29 auf 25 Profis reduziert werden

Posen/Hamburg. Es war bereits nach 2 Uhr nachts, als die Hamburger Reisegesellschaft am frühen Donnerstagmorgen endlich am eigenen Stadion eintraf. Und obwohl Trainer Thorsten Fink mehr als vier Stunden Zeit hatte, seine Erkenntnisse von der 1:2-Testspielniederlage bei Lech Posen sacken zu lassen, war er noch immer über die Leistung seiner Reservisten erbost. "Ich erwarte einfach mehr von dem einen oder anderen, der doch um einen Platz in der Startelf kämpfen will", sagte Fink, den besonders die ideen- und leblose zweite Halbzeit gegen den Tabellenfünften der polnischen Liga geärgert hatte, "wirklich viele haben sich in meinen Augen nicht aufgedrängt".

Die alles in allem schwache Leistung gegen Lech Posen überraschte insofern, als der Konkurrenzkampf um die begehrten Plätze zumindest in der Theorie so intensiv wie schon lange nicht mehr geführt werden müsste. Nachdem in dieser Woche auch die Langzeitverletzten Tomas Rincon (Knochenhautentzündung), Gojko Kacar (Fußbruch) und Paul Scharner (Innenbandriss im Knie) wieder ins Mannschaftstraining zurückgekehrt sind, hat Trainer Fink tatsächlich das erste Mal in seiner nun einjährigen Amtszeit so richtig die Qual der Wahl. Besonders im zentralen Mittelfeld, wo zwei der drei Plätze an Rafael van der Vaart und Milan Badelj fest vergeben sind, herrscht ein Gedränge wie selten zuvor.

Mit Platzhalter Tolgay Arslan, Neuzugang Petr Jiracek, den genesenen Rincon und Kacar sowie den zuletzt wenig überzeugenden Jacopo Sala, Robert Tesche und Per Skjelbred kämpfen gleich sieben Profis um den Job des Mittelfeldabräumers. "Rincon und Kacar werden noch ein bisschen brauchen, bis sie wieder bei hundert Prozent sind", schränkte Fink ein, "und Jiracek ist vielseitig einsetzbar. Deswegen haben wir ihn ja geholt." Gegen Fürth soll der Tscheche, der seinen Platz lediglich wegen eines unberechtigten Platzverweises gegen Frankfurt hatte räumen müssen, für den verletzten Ivo Ilicevic ins linke Mittelfeld ausweichen.

Die in Polen enttäuschenden Sala, Tesche und Skjelbred dürften dem verschärften Konkurrenzkampf dagegen eher früher als später zum Opfer fallen. Nachdem bereits im Sommer Sportchef Frank Arnesen aus Kostengründen erfolglos versucht hatte, Interessenten für das Trio zu finden, will der Däne im Winter einen erneuten Versuch wagen. "Wir wissen ganz genau, dass wir einen zu großen Kader haben", sagt Arnesen, "unser Ziel muss es sein, den Kader von 29 auf 25 Spieler zu reduzieren."

Ein Verkaufskandidat bleibt auch weiterhin Großverdiener Slobodan Rajkovic. Der zu den Amateuren strafversetzte Serbe hatte zwar angekündigt, sich nach seiner herben Kritik an Trainer Fink im Sommer entschuldigen zu wollen. Eine Begnadigung des impulsiven Abwehrmanns dürfte es so schnell allerdings nicht geben. Mit dem gesetzten Heiko Westermann sowie den Innenverteidigern Michael Mancienne, Jeffrey Bruma und dem genesenen Scharner ist das Abwehrzentrum zumindest quantitativ mehr als ausreichend besetzt. Quantitativ und qualitativ unterbesetzt bleibt lediglich der Angriff, in dem nur Artjoms Rudnevs eine echte Perspektive hat. Konkurrent Marcus Berg dürfte bei entsprechenden Angeboten im Winter gehen, nach Ersatz wird bereits gefahndet.