Der Niederländer Nico Hoogma brach die Gespräche wegen Gehalts-Differenzen ab. Jetzt soll ausgerechnet sein Freund neuer Sportchef werden.

Hamburg. Es war zu schön, um wahr zu sein. Nach der inzwischen schon elf Monate andauernden Sportchefsuche schien endlich ein geeigneter Kandidat gefunden. Und der war kein geringerer als der jahrelange Mannschaftskapitän Nico Hoogma. Mit dem Niederländer, hieß es, gehe es nur noch um Details. Der Niederländer hatte sogar schon seinen Noch-Arbeitgeber Heracles Almelo über seine Wechselabsichten informiert.

Bis Montag.

Bis zu dem Moment, in dem sich alles drehte. "Wir waren sehr weit, ich hatte große Lust, wieder zum HSV zu gehen", sagte Hoogma. "Umso trauriger, dass es nicht zustande kommt."

Verantwortlich für das Scheitern der neuen und alten Zusammenarbeit sind dem Vernehmen nach finanzielle Differenzen. Aufsichtsratschef Horst Becker teilte einigen Ratskollegen mit, er werde dem Gehaltswunsch Hoogmas nicht entsprechen. Anschließend, am Montagabend, telefonierte Becker auch mit Hoogma und setzte ihn über seine Entscheidung in Kenntnis. Dieser reagierte gefasst und erklärte die Verhandlungen für gescheitert. Zumal Hoogma in der Zwischenzeit von seinem ehemaligen Mannschaftskollegen und Freund Sergej Barbarez erfahren hatte, dass er als Top-Kandidat einen Mitbewerber habe, der bereits am Montag von Becker angesprochen wurde: Barbarez selbst.

Dabei, und das mutet seltsam an, hatte Barbarez bereits unmittelbar nach der Demission Dietmar Beiersdorfers sein Interesse an dessen Posten bekundet - und von seinen Ratskollegen keinerlei Zuspruch erhalten. Im Gegenteil. Dem Bosnier wurde geraten, sich eine bittere Abstimmungsniederlage zu ersparen.

Bis Montag.

Da avancierte der ehemalige Top-Torjäger plötzlich zur alles überragenden Lösung. Ins Gespräch gebracht wurde der Bosnier von Aufsichtsrat Peter Becker. Und als ihn Horst Becker anrief, bekundete der Ex-Profi sofort sein ungebrochenes Interesse an dem Posten. Für knapp 100 000 Euro pro Jahr weniger. Denn so hoch war der Betrag, an dem der Zweijahresvertrag Nico Hoogmas mit dem 140 Millionen Euro umsetzenden HSV letztlich scheiterte.

Und das am Dienstag.

Denn da entschied sich Hoogma endgültig, seinen Vertrag in Almelo anzutreten. Selbst ein letzter Versuch Beckers, den Niederländer gestern Morgen noch mal um etwas Zeit zu bitten und ihn noch mal zu einem Gespräch nach Hamburg einzuladen, scheiterte. "Ich bin ein gerader Typ und hatte mich schon entschieden", so Hoogma, der das Scheitern der Zusammenarbeit selbst nicht mehr erwartet zu haben schien. "Ich hatte mit meiner Familie lange besprochen, ob wir das machen", so Hoogma, "und bei drei schulpflichtigen Kindern ist so ein Umzug nicht so einfach. Sie alle würden aus ihrem gewohnten Umfeld gerissen." Trotzdem setzte sich der einst so zweikampfstarke Abwehrspieler durch. "Selbst der Umzug war klar besprochen - bis alles am Vertrag scheiterte."

Das wiederum sei legitim, wie Hoogma betont wissen will. "Da sitzen zwei Parteien. Der eine bietet etwas, der andere fordert etwas. Wenn sich da beide nicht einigen, gehört das in der Wirtschaft einfach dazu. Auch im Fußball. Das ist für mich völlig okay." Allein die Begleitumstände der Verhandlung schienen dem auf Seriosität bedachten Niederländer zu missfallen. "Ich habe, nachdem ich am Sonntag von Herrn Becker am Telefon noch als Top-Kandidat betitelt wurde, am Montag davon erfahren, dass mit Sergej Barbarez verhandelt wird. Und das nur, weil ich ihn angerufen habe, weil wir befreundet sind."

Besonders kurios sei dabei, so Hoogma, dass Barbarez seit einem Jahr in dem Gremium sitzt, das den neuen Kandidaten sucht. Hoogma: "Das ist es, was ich nicht verstehe. Wenn Sergej als Aufsichtsrat schon so nah dran sitzt, werden die Räte ein solches Szenario doch sicher schon einmal besprochen haben. Und ein Jahr später fragen sie mich, um dann am Ende doch Sergej zu fragen? Das verstehe ich nicht."

Worte, die Horst Becker weiter in Bedrängnis bringen werden. Der Aufsichtsratsboss hatte zuletzt die Verantwortung für die andauernde Sportchefsuche angenommen - und die Suche fortan zu seiner ganz persönlichen Chefsache erklärt. Dass der erklärte Top-Kandidat letztlich wegen weniger als 100 000 Euro Verhandlungsunterschied absagt, hatte gestern Beckers Ratskollegen aufgebracht, die ihren Vorsitzenden überredeten, noch mal bei Hoogma anzurufen. Da dies zu spät kam, dürfte sich Becker bei der für kommenden Montag angesetzten Aufsichtsratssitzung erneut heftiger Kritik für sein Vorgehen ausgesetzt sehen.

Zumal auch ein neuer Trainer an den neuen Sportchef gekoppelt ist. "Wir haben uns vertagt", sagte Interimstrainer Ricardo Moniz nach einer 45 Minuten dauernden Besprechung mit HSV-Vorstand Katja Kraus gestern Morgen im Elysée-Hotel. Moniz weiter: "Der Verein hat noch einige wichtige Entscheidungen zu treffen - und ich mache erst mal Urlaub." Dabei kann er sich vermutlich ordentlich Zeit lassen.