Nach dem Totalumbruch 2011 will der HSV-Sportchef im kommenden Jahr mit dem Feinschliff beginnen. Sieben Verträge laufen aus.

Hamburg. Sein Handy abzuschalten kommt für Frank Arnesen auch im 9560 Kilometer entfernten Kapstadt nicht infrage. "Guten Morgen, habt ihr auch so fantastisches Wetter?", fragt der Däne etwas schelmisch, als er wie verabredet um 10 Uhr deutscher Zeit zurückruft. 25 Grad, die Sonne scheint, der Himmel ist blau. "Was will man mehr?", fragt Arnesen, der noch bis zum 2. Januar mit der Familie den südafrikanischen Sommer genießt. Nur Tochter Britt und Schwiegersohn Tom mussten passen, nachdem sie Opa Frank kurz vor Weihnachten mit den Enkeln Nummer fünf und sechs beschenkten: "Ich kann mich nicht beschweren."

Auch beruflich will Arnesen trotz der, um es einmal vorsichtig auszudrücken, suboptimalen Hinrunde nicht klagen. "Ich freue mich richtig auf das HSV-Jahr 2012", sagt der 55-Jährige, der für das neue Jahr nur einen Wunsch hat: "Ich würde mich freuen, wenn es im kommenden Jahr etwas ruhiger im Verein werden würde." Im Vergleich zum Totalumbruch im vergangenen Sommer, als gleich 16 Profis den HSV verlassen hatten, könne man den nächsten Sommer laut Arnesen als "Feinschliff" bezeichnen. "Der Umbruch war notwendig. Aber jetzt steht das Gerüst der Mannschaft, das nur noch hier und da ein wenig ergänzt werden muss", sagt der zweite Vorsitzende des HSV-Vorstands, "viele Spieler werden wir nicht abgeben und auch nicht kaufen."

Nachdem im vergangenen Jahr die Verträge von neun Leistungsträgern ausgelaufen waren, muss sich Arnesen auch diesmal um sieben auslaufende Arbeitspapiere kümmern. Potenzielle Stammspieler sind davon aber nur zwei: Mladen Petric und Jeffrey Bruma. Der Niederländer hat zwar einen gültigen Leihvertrag bis Sommer 2013, kann aber bereits in diesem Sommer vom FC Chelsea zurück in die Premier League beordert werden. Spätestens im März will sich Arnesen um diesen nicht ganz einfachen Fall kümmern, genauso wie um eine immer noch mögliche Verlängerung mit Petric. Dem Sportchef ist nicht entgangen, dass der Kroate kurz vor Weihnachten öffentlich verkündete, einer Verlängerung offen gegenüberzustehen: "Mladen kennt meine Philosophie. Er hat unsere Entwicklung der vergangenen Wochen ganz genau verfolgt", sagt Arnesen, "im März wird es eine Entscheidung geben."

HSV-Sportchef Arnesen schließt Neuzugänge nicht aus

Feuer unterm Dach der HSV-Supporters

Früher werden die Personalien David Jarolim, Muhamed Besic, Jacopo Sala und Daniel Nagy behandelt. Während Jarolim Arnesens Wort hat, im Falle eines Angebots im Winter ablösefrei wechseln zu dürfen, sollen Besic, Sala und Nagy zunächst verliehen werden. "Die Jungs brauchen einfach Spielpraxis", sagt Arnesen, der bereits mit Nagys Berater Karl Herzog und Besics Agenten Christian Hauser die Vorgehensweise besprochen hat. "Wir hoffen, dass wir bis zum 31. Januar einen passenden Verein in der Zweiten Liga oder einen aufstrebenden Drittligaklub finden", sagt Nagy-Berater Herzog.

Einkäufe sind laut Arnesen im Winter zunächst nicht geplant. Im Sommer hat die Verpflichtung eines zentralen Mittelfeldspielers oberste Priorität, wobei Basels Granit Xhaka, 19, der Wunschkandidat von Trainer Thorsten Fink sein soll. Auch das grundsätzliche Interesse an Leverkusens Torhüter René Adler, der im Sommer ablösefrei zu haben wäre, ist nicht neu. Ein Torjäger wird noch gesucht, zudem soll die Zukunft von Düsseldorfs Leihprofi Maximilian Beister zeitnah geklärt werden. Wie auch im Fall von Marcell Jansen und Jaroslav Drobny läuft Beisters Vertrag beim HSV im Sommer 2013 aus, Geld könnte mit den Profis nur noch im nächsten Jahr gemacht werden.

Auf Arnesens Agenda 2012 stehen aber nicht nur einzelne Namen für die Profimannschaft. Besonders wichtig ist dem Sportchef, dass die Profiabteilung noch enger mit der Nachwuchsabteilung kooperiert. So soll das Training der U23, das in der Hinrunde teilweise parallel zu den Profis neben dem Stadion stattgefunden hat, ab Februar nahezu ausschließlich im Volkspark angesetzt werden. Auch das Scouting im Nachwuchsbereich will Arnesen weiter forcieren: "Es ist ja kein Geheimnis, dass wir auch im kommenden Jahr keine Reichtümer zur Verfügung haben. Wir müssen kreative Ideen haben."

Aufgrund der immer noch angespannten finanziellen Lage will der HSV auch strukturell weiter sparen. So wurde beispielsweise beschlossen, zukünftig auf eine eigene medizinische Abteilung zu verzichten, dafür mit dem Universitäts-Klinikum Eppendorf zusammenzuarbeiten. Neuer UKE-Mannschaftsarzt soll Philip Catala-Lehnen werden, der bereits im Trainingslager in Marbella dabei sein will.

"Ich werde auch im kommenden Jahr genug zu tun haben", sagt Arnesen, der in Kapstadt nur einen Programmpunkt abarbeiten will: entspannen.