In Stuttgart will der HSV am Mittwoch für einen positiven Jahresabschluss sorgen - in der Bundesliga gelang es gegen den FC Augsburg nicht.

Hamburg. Thorsten Fink war gut aufgelegt. "Heute ist nicht der Tag, kritisch mit der Mannschaft umzugehen", sagte der Trainer des HSV am Sonnabend nach dem 1:1 gegen den FC Augsburg. Was den 44-Jährigen zufriedenstellte, war der Charakter seines Teams: "Sie haben gefightet und gekämpft, spielerisch viel mehr gezeigt als im letzten Heimspiel gegen Nürnberg." Nur die vielen Chancen hätten seine Spieler eben nicht genutzt. Das sei alles.

Aber war das wirklich alles? Das Motto der Partie gegen einen unterm Strich erschreckend harmlosen und schwachen Aufsteiger galt für das gesamte Bundesligajahr: Aus dem vorhandenen Potenzial viel zu wenig gemacht. Sicher, nach dem Gästetor durch Torsten Oehrl, bei dem sich die Mitspieler Zufall und Glück je einen Scorerpunkt verdienten, bewiesen die HSV-Profis erneut Moral, konnten aber nur noch durch Paolo Guerreros Kopfballtreffer nach einem Freistoß von Dennis Aogo ausgleichen. "Wir haben Weihnachtsgeschenke verteilt", ärgerte sich Kapitän Heiko Westermann maßlos über die verpassten drei Punkte.

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Mit 19 Punkten überwintert der Klub zwar außerhalb der Abstiegsränge und bleibt in acht Spielen unter Thorsten Fink ungeschlagen. Zu konstatieren bleibt allerdings auch, dass sich der HSV angesichts von sechs Unentschieden in diesem Zeitraum zum Remiskönig gemausert hat. Wie schnell sich immer noch die (Gefahren-)Lage für den Klub ändern kann, zeigte sich an diesem Wochenende: Mit drei Punkten gegen Augsburg hätte der Rückstand auf den Tabellensechsten Bayer Leverkusen plötzlich nur noch fünf Punkte betragen, so aber hat der HSV nur drei Punkte Puffer auf Relegationsplatz 16. Mit einer "produktiven Unzufriedenheit" umschrieb Fink seine eigene Bilanz: "Als ich angefangen habe, hätte wohl jeder eingeschlagen bei zwölf Punkten. Aber wir wollen uns ständig verbessern, hatten einige Punkte mehr mitnehmen können wie jetzt gegen Augsburg oder in Hannover."

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Dass viele Zuschauer nach dem letzten Pfiff des Jahres pfiffen - obwohl die Unterstützung zuvor wieder einmal phänomenal gewesen war -, mag auch daran gelegen haben, dass der HSV in diesem Kalenderjahr nur 40 Punkte holte, 19 in dieser Hinserie und 21 in der Rückrunde der Saison 2010/11. Eine Zahl, die zeigt, wie weit der Verein von seinen Ansprüchen entfernt ist. Sowohl Fink als auch Frank Arnesen strahlen allerdings weiter Zuversicht aus und sehen den Trend als ihren Freund an: "Ich schaue nur nach oben. Wir spielen guten Fußball, kontrollieren immer besser das Spiel und stehen gut zwischen den Linien, das Spielverständnis wird immer besser", sagte der HSV-Sportchef. "Darum werde ich nicht nervös."

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Nach dem (punktemäßig) verpatzten Bundesligafinale bleibt den HSV-Fans noch eine letzte Hoffnung im Finale, Teil zwei - wenn der HSV am Mittwoch (20.30 Uhr) versucht, im DFB-Pokal beim VfB Stuttgart das Viertelfinale zu erreichen. Die mögliche Strahlkraft auf die Rückrundenvorbereitung ist dabei nicht zu unterschätzen. Zu Hause (BVB, Bayern, Bremen) sowie auswärts (Berlin) warten bekanntlich schwere Aufgaben zu Beginn des Jahres.

Wirtschaftlich wäre ein Erfolg jedoch nicht minder wichtig. Nachdem in den ersten drei Pokalrunden insgesamt 831 250 Euro vom Deutschen FußballBund aus den Töpfen der TV-Vermarktung und Bandenwerbung ausgeschüttet wurden, winkt dem HSV in der kommenden Runde ein weiteres Plus von 1,125 Millionen Euro plus Zuschauereinnahmen. Geld, das der Verein dringend bei der Weiterentwicklung der Mannschaft gebrauchen kann.

"Wenn sich ein Cristiano Ronaldo bei uns anbieten und nichts kosten würde, würde ich nicht sagen: Sorry, ich nehme dich nicht, Junge", antwortete Fink am Wochenende auf die Frage nach Verstärkungen im Winter, um zu verdeutlichen, wie wahrscheinlich es sei, dass der HSV tätig wird. Auch Arnesen bestätigte, dass die sportliche Führung "ganz zufrieden ist mit dem derzeitigen Kader. Wir haben junge Spieler im Team, die jeden Tag Erfahrung sammeln. Diese Talente können und wollen wir besser machen." Ganz freiwillig ist diese hanseatische Zurückhaltung allerdings nicht, wie der Däne zugab: Ein guter Mittelfeldspieler, der besser sei als die, die beim HSV unter Vertrag stehen, sei erstens schwer zu finden und würde zweitens viel Geld kosten.