Der HSV-Sportchef Frank Arnesen zieht seine Bilanz und gibt einen Ausblick auf mögliche Transfers und kommende Vertragsgespräche.

Hamburg. Noch zwei Spiele, dann hat auch Frank Arnesen erstmals Zeit zum Durchschnaufen und zur Besinnung. Im Sommer übernahm er die sportliche Verantwortung beim HSV, durchlebte im letzten halben Jahr mehr Tiefen als Höhen und stand als Bundesliga-Neuling enorm unter Beobachtung. "Ich habe in den 36 Jahren, die ich dem Profifußball verbunden bin, nur zwei Jahre nicht europäisch gespielt - ein Jahr mit Tottenham und jetzt beim HSV. Dieses halbe Jahr war eine schwere Periode", sagt der 55-Jährige rückblickend. Sollten die Hamburger das laut Arnesen "wichtigste Spiel der Saison" gegen Augsburg am Sonnabend (15.30 Uhr, Sky und Liveticker auf Abendblatt.de ) gewinnen, kann der Däne am Mittwoch beruhigt zum Pokalabschluss nach Stuttgart reisen. Vorher sprach er über die Saison beim HSV.

Thorsten Fink: "Mit diesem Team ist einiges möglich"

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Die sportliche Bilanz: "Es war schwer, nach dem Start mit einem Punkt aus sechs Spielen ambitionierte Ziele bis zum Winter vorzugeben. Aber vor zwei Monaten wären wir mit 17, 18 Punkten ganz zufrieden gewesen. Nun können wir 21 Zähler erreichen - das wäre hervorragend. Wobei ich weit davon entfernt bin, alles in den Himmel zu loben. Die letzten beiden Spiele gegen Nürnberg und Mainz waren trotz der vier Punkte eher ein Rückschritt."

Das sportliche Potenzial: "Sollten wir gegen Augsburg gewinnen, können wir erstmals nach oben gucken. Die Klubs in Reichweite sind vielleicht eingespielter und erfahrener als wir, aber nicht besser. Unser Team ist nicht weniger talentiert als die Mannschaften, die um Europa mitspielen. Wir befinden uns in einem Prozess, wollen jeden Tag ein bisschen besser werden. Wenn wir das schaffen, gelangen wir automatisch auch in der Tabelle weiter nach oben. Grundsätzlich ist das Ziel des HSV ab dem kommenden Jahr wieder, europäisch Fußball zu spielen."

Die Kritik an seiner Person: "Wenn ich weitgehend unbekannte Spieler von meinem Ex-Verein FC Chelsea hole, ist es klar, dass der ganze Druck auf mir liegt, wenn diese nicht einschlagen. Aber Kritiker urteilen oft von außen, haben nicht immer Einblick in den Verein. Insofern hat mich das nicht sonderlich interessiert. Ich fand diese Kritik eher komisch. Und es hat sich mittlerweile ja auch gezeigt, dass nicht alles schlecht war. Aber natürlich habe auch ich es lieber, wenn gut über mich geschrieben wird."

Trainer Thorsten Fink: "Zwei Dinge zeichnen ihn in erster Linie aus: Zum einen hält er die Mannschaft zusammen - und zwar den gesamten Kader, was nicht selbstverständlich ist. Auch was er in der Kabine von sich gibt, hat Hand und Fuß. Zum anderen hat er eine klare Vorstellung von der Art und Weise, wie seine Mannschaft Fußball spielen soll, und kann diese auch vermitteln."

Die Krise von Heung Min Son: "Son hat anfangs frank und frei Fußball gespielt, ohne Druck. Jetzt denkt er zu viel, hat Selbstzweifel. Wir müssen gucken, wie wir ihm nun helfen können. Mehr Training bringt da nichts. Son will schon immer mehr machen und ist unheimlich lernwillig. Dabei ist es doch klar, dass ein Spieler mit 19 Jahren nicht zu 100 Prozent entwickelt ist und auch Krisen durchzustehen hat."

Zu- und Abgänge im Winter: "Ich bin mit neun Spielern der Weltauswahl vom Spiel gegen die Armut im Gespräch. Aber im Ernst: An den letzten Gerüchten ist nichts dran. Wir werden in der kommenden Transferperiode weder Granit Xhaka vom FC Basel verpflichten noch René Adler aus Leverkusen. Im Sommer haben wir dann eine neue Situation. Es kann aber sein, dass uns im Winter der eine oder andere Spieler verlässt. So gilt bei David Jarolim weiter, dass er gehen darf, wenn er sich woanders bessere Chancen ausrechnet. Zudem kann es Sinn machen, Muhamed Besic oder Jacopo Sala auszuleihen, damit sie mehr Spielzeit bekommen."

Vertragsverhandlungen: "Ich hatte ein sehr konstruktives Gespräch mit Maximilian Beister (ausgeliehen an Fortuna Düsseldorf und Vertrag beim HSV bis 2013, d. Red.) und habe ein sehr gutes Gefühl, dass er bis 2016 bei uns bleibt. Ich glaube, wir sind auch mit Vereinen wie Dortmund und Leverkusen konkurrenzfähig, die Interesse an ihm bekunden, da wir immer einen guten Kontakt zu Beister gepflegt haben und er selbst sagt, dass er Hamburger und der HSV sein Verein sei. Eine Entscheidung fällt aber erst im kommenden Jahr. Auch mit Gökhan Töre und seinem Berater werden wir uns zu Beginn der Rückrunde zusammensetzen, um seinen bis 2014 laufenden Vertrag möglichst frühzeitig zu verlängern."