Ballbesitz, Flanken, Passsicherheit - der HSV hat sich unter dem neuen Trainer verbessert. Das soll auch Mainz 05 zu spüren bekommen.

Hamburg. Verlieren verboten - diese Ansage scheinen die HSV-Profis unter der Leitung von Thorsten Fink schnell begriffen zu haben. Sechs Bundesligapartien und ein Pokalspiel absolvierte das Team mittlerweile mit dem neuen Trainer an der Seitenlinie, eine Niederlage war noch nicht dabei. Hätte die Bundesligasaison erst unter Finks Ägide begonnen, stünde der HSV in der Tabelle auf Platz fünf - die Europa League lässt grüßen. Sollte am Sonnabend in Mainz (15.30 Uhr/ Sky und Liveticker auf abendblatt.de) mindestens ein weiterer Punkt hinzukommen, hätte Fink Felix Magath eingeholt, der in der Saison 95/96 seine ersten sieben Bundesligaspiele in Folge nach Amtsantritt ungeschlagen blieb.

Um die Gründe des Aufschwungs auszumachen, ist ein Blick in die Statistiken empfehlenswert. Und die Zahlen sprechen eine klare Sprache. Fink hatte schon bei seinem Amtsantritt angekündigt, mit seinem Team künftig agieren statt reagieren zu wollen - und konnte dieses Vorhaben auch sofort umsetzen. In den neun Bundesligaspielen vor Fink kam der HSV auf 47,6 Prozent Ballbesitz, in den sechs Begegnungen danach auf 53,3 Prozent. Der HSV hat dadurch mehr Sicherheit in seinen Aktionen, das spiegelt sich in der Passgenauigkeit wider. Die Fink-Elf bringt nun 82,1 Prozent ihrer Bälle an den Mann, vorher waren es nur knapp 80 Prozent. Zudem setzen die Hamburger ihre Gegner auch früher unter Druck, machen es den Kontrahenten dadurch schwerer: Nur noch 77,3 Prozent derer Pässe landen beim Mitspieler, vorher waren es 81,1 Prozent. Im Ergebnis kommt der HSV deutlich öfter in die Gefahrenzone und zum Abschluss: 13,2 Flanken pro Spiel gegenüber 10,7 vor der Ära Fink, 15,8 Torschüsse gegenüber 10,4.

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Viele Zahlen, die belegen, dass der Erfolg des HSV kein Zufall ist. Die Mannschaft hat zusammengefunden, viele Spieler haben ihre Leistungen stabilisiert. So wie Jeffrey Bruma, der seine Aussetzer zu Beginn der Saison minimiert hat und der Abwehr durch seine Zweikampfstärke Sicherheit verleiht. Der 20-Jährige legt Wert auf eine perfekte Spielvorbereitung und nimmt dafür alle Möglichkeiten in Anspruch. Als Bundesliga-Neuling kennt Bruma viele gegnerische Angreifer noch nicht und lässt sich deshalb von HSV-Videoanalyst Matthias Kreutzer vor jeder Partie einen kurzen Film zusammenstellen, der die Stärken und Schwächen seiner Kontrahenten aufzeigt. Für ihn hat der Aufschwung jedoch nichts mit Zahlen zu tun, sondern lässt sich primär an drei Punkten festmachen: bessere Atmosphäre im Team, besseres Training, mehr Selbstvertrauen. Und auch das sei dem Coach geschuldet. "Der Trainer spricht viel mit den Leuten, die hinten anstehen und stellt ihnen Einsätze in Aussicht - das motiviert und fordert auch die derzeitigen Stammspieler auf, immer ihre Höchstleistung abzurufen", sagt Bruma. Der Niederländer ist nach seiner Schulterverletzung aus dem Nürnberg-Spiel wieder einsatzfähig, auch wenn er weiterhin unter Schmerzen leidet - was Fink eigentlich dazu bewegt hatte, ihn gegen Mainz nur auf die Bank zu setzen und Slobodan Rajkovic eine neue Chance zu geben. Doch der Serbe konnte die letzten beiden Trainingseinheiten aufgrund von Rückenproblemen nicht mitwirken und steht deshalb nicht im Kader.

Dafür wird Fink wohl eine Änderung im defensiven Mittelfeld vornehmen: Robert Tesche könnte nach den letzten Eindrücken anstelle von Gojko Kacar beginnen. "Es gehört zu meiner Spielidee, auf der einen oder anderen Position auch mal zu wechseln, wenn ich die Mannschaft dadurch nicht schwäche. Das stärkt den Zusammenhalt", erklärte der 44-Jährige. So könnten auch ein Akteur wie Marcell Jansen künftig eine Pause bekommen, obwohl an seiner Leistung derzeit nur wenig auszusetzen ist.

Wenig auszusetzen hat momentan auch Uwe Seeler. Er sparte zu Saisonbeginn nicht mit öffentlicher Kritik, hatte Angst um seinen HSV. Mittlerweile ist der 75-Jährige wieder besser gestimmt. "Nur mit einer intakten Mannschaft kann man im Fußball etwas erreichen. Unter Thorsten Fink ist wieder erkennbar, dass sich die Spieler gegenseitig helfen wollen, ich sehe riesigen Willen, mehr Spaß auf dem Platz. Besonders auch die Leistungen der etablierten Spieler haben angezogen", sagte Seeler am Freitag. Doch gleichzeitig warnte er vor zu viel Optimismus.

"Die Situation hat sich beruhigt. Trotzdem sind alle gut beraten, weiterhin zu glauben, dass diese Saison nicht einfach wird. Am Beispiel Eintracht Frankfurt hat man vergangene Saison gesehen, wie schnell es gehen kann."

Dass auf Fink trotz der guten Zwischenbilanz noch viel Arbeit wartet, ist dem Trainer bewusst und wird auch durch Statistiken belegt. So sind die Gegner des HSV immer noch lauffreudiger, spielen weniger Foul und sind zweikampfstärker. Zudem provoziert nur eine Mannschaft in der Bundesliga weniger Karten und läuft häufiger ins Abseits als die Hamburger - der Gegner aus Mainz.