Der Vorsitzende der Supporters, Ralf Bednarek, warnt vor Verteuerung der Eintrittskarten beim HSV. Treue Fans würden sonst verdrängt.

Hamburg. Die Bundesliga boomt auch in dieser Saison: Insgesamt strömten bisher 45 330 Fußballfans im Schnitt pro Spiel in die 18 Arenen der Bundesligavereine, was einem Plus von knapp 3000 Fans pro Partie gegenüber der Saison 2010/11 entspricht. Beim HSV verläuft diese Entwicklung momentan jedoch gegensätzlich: In der vergangenen Saison besuchten im Schnitt 54 446 Zuschauer die HSV-Heimspiele, zu den bisherigen acht Begegnungen in der Imtech-Arena kamen 51 857 Fußball-Anhänger ( das Abendblatt berichtete ).

Beginnt der HSV seinen Reiz zu verlieren? "Nein, das glaube ich nicht", sagt Ralf Bednarek, Vorsitzender der HSV-Organisation Supporters Club, die 63 000 Mitglieder zählt. "Es kommen eine Vielzahl von Faktoren zusammen, die zu diesem Rückgang führen: Zum einen gab es zuletzt eine Anhäufung von nicht so attraktiven Gegnern, zum anderen ist der sportliche Herbst in Hamburg voll mit anderen Attraktionen. Das Länderspiel gegen Holland, das Spiel gegen die Armut mit Zidane und Co. am 13. Dezember. Irgendwann verzichtet der Fußballinteressierte dann mal auf ein HSV-Spiel. Dazu spielen die häufigen Ansetzungen auf den Sonntag eine Rolle, der bei den Anhängern als Spieltag nicht beliebt ist."

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+++ Die Unbesiegbaren arbeiten sich nach oben +++

Vor allem für Auswärtsfans ist der Sonntag ungünstig, da sie bei weiten Fahrten am gleichen Tag nur schwer nach Hause kommen. Doch beim Konkurrenten aus Hannover wirkt sich das offenbar nicht auf die Zuschauerzahl aus: Die Niedersachsen konnten ihren Schnitt im Vergleich zur letzten Spielzeit um knapp 2000 Anhänger steigern. Und dass, obwohl die 96er bereits sechs Bundesliga-Heimspiele an einem Sonntag austragen mussten, und die Fans in den Europapokalspielen ebenfalls zur Kasse gebeten wurden.

Bleibt der Vorwurf der überhöhten Kartenpreise, der das Dortmunder Bündnis "Kein Zwanni - Fußball muss bezahlbar sein" dazu bewegt, die BVB-Fans zum Boykott der Partie beim HSV aufzurufen. Philipp Köster, Chefredakteur und Herausgeber des Fußballmagazins "11 Freunde", hat Verständnis für die Aktion. "Es gibt als Fan nicht so viele Möglichkeiten, sich zu wehren", sagt Köster, der 20 Euro für einen angemessenen Preis hält, der für einen normalen Sitzplatz verlangt werden sollte. "Wer direkt an der Mittellinie sitzen möchte, muss dann vielleicht auch 40 Euro zahlen, aber irgendwo da muss Schluss sein. Es ist ein Irrglaube der Vereine, dass die Liebe der Anhänger unendlich auszuweiden ist."

Die Preise des HSV bewegen sich deutlich darüber. Gegen Dortmund muss für einen Sitzplatz zwischen 36 und 84 Euro ausgegeben werden, das Spiel gegen die Bayern liegt in der Top-Kategorie noch einmal zehn Euro darüber. Verglichen mit den Preisen in England sind diese Forderungen jedoch immer noch moderat, dass sieht auch Köster so: "Die Premier League ist eine ganz andere Nummer, da jammern wir hier in Deutschland auf hohem Niveau."

Jammern will Andreas Kloss nicht. Der HSV-Fan durch und durch besucht als sogenannter Allesfahrer jedes Pflichtspiel der Hamburger. Er sagt: "Die Eintrittspreise haben schon angezogen. Freunde von mir gehen inzwischen seltener zu Spielen, weil es ihnen einfach zu teuer geworden ist. Noch ist die Stimmung im Stadion richtig gut. Aber wir müssen bei der Preispolitik aufpassen, dass wir nicht die kleinen Leute aussperren."

Auch für Bednarek ist die Preisgestaltung ein schwieriges Thema. Der Fußball müsse aufpassen, wo er herkommt und für die Leute erreichbar bleiben, die ihn groß gemacht haben. "Das bedeutet, die Preise müssen sozialverträglich bleiben, auch für Jugendliche bezahlbar. Wir befinden uns derzeit an einer Grenze, die nicht überschritten werden sollte." Dennoch sieht auch Bednarek, dass der Verein über Zuschauereinahmen seine Konkurrenzfähigkeit aufrechterhalten muss.

Ex-HSV-Präsident Bernd Hoffmann hatte 2009 versprochen, dass Preise wie damals gegen Werder Bremen, als bis zu 97 Euro für eine Karte aufgerufen wurde, "daneben" seien und nicht wieder vorkommen werden. Die 94 Euro im Heimspiel gegen die Bayern im Februar sind nicht weit davon entfernt. Vermutlich wird das Stadion dennoch ausverkauft sein - doch das kann laut Bednarek nicht das schlagende Argument sein. "Gerade die Fans, die immer kommen und dem Verein auch gegen nicht so attraktive Gegner die Treue halten, werden so verdrängt. Ein Eventbesucher, der nur zwei, dreimal im Jahr ins Stadion geht, kann sich knapp 100 Euro schon eher leisten."