HSV-Trainer Thorsten Fink überlegt, den Mittelfeldspieler Robert Tesche am Sonntag gegen Nürnberg (15.30 Uhr hier im Liveticker) umzuschulen.

Hamburg. HSV-Trainer Thorsten Fink konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Ihr müsst nicht alles wissen", sagte er nach dem Freitagstraining schmunzelnd zu den Journalisten. Diese wollten von ihm wissen, was er sich dabei gedacht hat, beim Abschlussspiel weder Heung Min Son noch Ivo Ilicevic den Platz neben Paolo Guerrero im Sturm der A-Elf zuzuteilen, sondern Robert Tesche. Jenem Robert Tesche, der sonst im defensiven Mittelfeld seinen Platz hat und bei Fink bisher noch nie in einem Pflichtspiel von Beginn an auflaufen durfte.

Ob diese Variante als Generalprobe für das Spiel gegen Nürnberg am Sonntag (15.30 Uhr/Sky, Liveticker auf Abendblatt.de ) gelten darf, wollte der Coach nicht verraten. "Dies ist eine von mehreren Optionen, aber vom System her würde sich eh nichts ändern. Und Robert hat das in ähnlicher Form auch schon beim Testspiel gegen Glasgow gemacht." Dort hinterließ der frühere Bielefelder in der Tat einen agilen Eindruck als hängende Spitze, bereitete das 1:0 durch Ilicevic herausragend vor. Tesche hatte immer betont, dass seine Lieblingsposition ohnehin im offensiven Bereich zu finden sei, unter Beweis stellen durfte er das in seiner HSV-Zeit jedoch fast nie.

+++ Boris Becker als Manager: HSV gegen Weltauswahl +++

+++ Lesen Sie hier alles über den HSV +++

Eigentlich hatte sich Fink bereits am Donnerstag festgelegt, seine Anfangsformation aus dem Hannover-Spiel beizubehalten. "Ich sehe keine Notwendigkeit, etwas zu verändern", erklärte der 44-Jährige und stellte Son damit zunächst einen Freibrief aus. Doch die Leistungen des Koreaners waren unter Fink bisher ernüchternd. Auch im Training wurde wieder deutlich: Da, wo es wehtut, geht das große Talent nur ungern hin. Und gegen die defensiv zu erwartenden Nürnberger wird das Spiel vermutlich oft dort stattfinden, wo es richtig zur Sache geht - im Strafraum der Gäste. Dort könnte Tesche mit seiner körperlichen Präsenz und Kopfballstärke in der Tat ein belebendes Element werden.

Wie auch immer sich Fink am Ende entscheidet: Es wird deutlich, dass der HSV im Angriff qualitativ dünn besetzt ist. Paolo Guerrero gibt derzeit eine One-Man-Show ab, danach kommt erst mal nichts. Mladen Petric hat zweifellos alle Anlagen, ist jedoch verletzungsanfällig und ruft auch gesund nicht regelmäßig seine Topform ab. Sein Einsatz steht auch am kommenden Sonnabend gegen Mainz noch in den Sternen. Marcus Berg konnte gehobenes Bundesliganiveau bisher nicht nachweisen, er fällt mit einem Muskelfaserriss ohnehin bis zum Winter aus. Und auch in der Regionalligamannschaft drängt sich kein Stürmer auf: Der 19-jährige Bertul Kocabas (vier Tore) kam zwar in einigen Testspielen zum Einsatz, darf im Profi-Team aber nicht einmal mittrainieren. Bisher lehnen die Verantwortlichen Neuzugänge in der Winterpause ab - doch sollte der HSV das Pokalspiel in Stuttgart am 21. Dezember gewinnen, wäre neuer finanzieller Spielraum vorhanden.

Die anderen Mannschaftsteile haben unter Fink dagegen immens an Stabilität gewonnen. Der Coach blieb seinem taktischen Grundsystem immer treu, verzieh den Spielern auch die eine oder andere schwächere Partie, ohne gleich auszutauschen. Die Akteure auf dem Rasen spüren das, trauen sich mehr zu, weil sie wissen, dass sie Fehler machen dürfen. Die Abstimmung untereinander wird immer besser. "Vor allem in der Viererkette ist das wichtig, wenn jeder weiß, wie der andere tickt", sagt Abwehrchef Heiko Westermann.

Auch im defensiven Mittelfeld vertraut Fink seit Wochen Tomas Rincon und Gojko Kacar, obwohl der Fußballlehrer oft betont, dass ihre Konkurrenten nahe dran sind. "Die Mannschaft braucht Stabilität, deshalb möchte ich im Moment auch nicht auf diesen Positionen wechseln", erklärt Fink. "Aber ich schließe nicht aus, dass sich da irgendwann etwas verändert. Im Winter beginnt eine neue Vorbereitung, in der wir einiges ausprobieren können."

Bis dahin sind es noch drei Spiele gegen Gegner (Nürnberg, Mainz, Augsburg), die der HSV hinter sich lassen will. Alles andere als ein Heimsieg am Sonntag wäre auf diesem Weg ein herber Rückschlag. Denn bei dem harten Rückrundenauftakt mit Dortmund, Hertha und den Bayern könnte der HSV schnell wieder ganz unten reinrutschen. Diese Sorge teilt offenbar auch Nürnbergs Trainer Dieter Hecking. Nachrichten aus Hamburg, dass gegen Nürnberg ein Pflichtsieg eingefahren werden muss, konterte er schlagfertig: "Auch beim nächsten Gegner sollte doch bekannt sein, dass Druck zu Verkrampfungen führen kann."