225 Tage nach dem letzten Heimerfolg kann der HSV auch Kaiserslautern nicht bezwingen. Zehn Hamburger dürfen sich trotzdem als Sieger fühlen.

Hamburg. Als die 92 umkämpften Minuten zwischen dem HSV und dem 1. FC Kaiserslautern schließlich vorbei waren, hielt es kaum einen der 55 348 Zuschauer auf seinem Platz. Während die müden Gladiatoren zu ihren Fankurven schlichen, erhoben sich die treusten der Treuen auf der Nordtribüne und klatschten anerkennenden Beifall. Auch HSV-Trainer Thorsten Fink wollte nicht sofort in die Kabine. Nach und nach nahm sich der Chefcoach jeden Einzelnen seiner Profis vor, herzte und umarmte sie und bedankte sich für ihren Einsatz. "Wir haben ein sehr gutes Spiel abgeliefert, es war eine unglaubliche Energieleistung meiner Mannschaft", lobte Fink, der am Sonnabend seinen 44. Geburtstag gefeiert hatte. Und tatsächlich boten die 22 Akteure ein Spiel, bei dem man sich als neutraler Zuschauer wünschen würde, dass der Schiedsrichter nie abpfeifen würde. Der einzige Haken an diesem unterhaltsamen Abend: Einen Heimsieg konnten die Hamburger auch 225 Tage nach dem letzten Erfolgserlebnis nicht bejubeln.

Dabei ereignete sich die wahrscheinlich spielentscheidende Szene der Partie schon nach 22 Minuten, als Schiedsrichter Markus Schmidt Slobodan Rajkovic nach einem vermeintlichen Ellbogenschlag des Serben gegen Kaiserslauterns Christian Tiffert mit einer Roten Karte des Platzes verwies. Es war eine umstrittene, aber vertretbare Entscheidung, die sämtliche Überlegungen vor der Partie auf einen Schlag zunichte machte. Dabei darf es in dieser schwierigen HSV-Saison als logische Folge bezeichnet werden, dass, nur eine Minute nachdem Trainer Fink reagiert und Stürmer Marcus Berg gegen Rechtsverteidiger Dennis Diekmeier ausgetauscht hatte, Pierre De Wit per Sonntagsschuss die 1:0-Führung für Kaiserslautern erzielte. "Wir hatten uns für dieses Spiel fest vorgenommen, zu agieren und mutig nach vorne zu spielen. Dieses Vorhaben konnten wir nach dem Platzverweis vergessen", sagte Fink, der nur noch eine Torchance seiner Mannschaft in der ersten Halbzeit vermerken konnte.

So lief das Spiel im Liveticker

Dass es 45 Minuten später trotzdem mehr zufriedene als unzufriedene Gesichter aufseiten der Hamburger gab, hatte zum einen mit einer erstaunlichen Leistungssteigerung nach dem Pausenpfiff zu tun, zum anderen mit Paolo Guerreros erstem Treffer nach achtmonatiger Torflaute zum 1:1. "Es war ein fantastisches Spiel von Paolo. Er hat alle seine Talente gezeigt", lobte Sportchef Frank Arnesen den Peruaner, der zuletzt beim 4:0-Sieg gegen Werder Bremen am 19. Februar getroffen hatte. Ob zu den von Arnesen gepriesenen Talenten auch der mehr oder weniger geschickte Einsatz der Hand gehörte, konnte selbst nach intensivem Studium der Zeitlupe im Anschluss des Spiels nicht restlos geklärt werden. Das fraglos schöne Tor Guerreros, das der Peruaner kurz vor seinem offiziellen Ausgleich erzielt hatte, wertete Schiedsrichter Schmidt jedenfalls auch ohne Zeitlupe umgehend als Handspiel, was ihm aufseiten der Hamburger keine Zustimmung einbrachte. "Es war kein Handspiel, ich habe den Ball mit der Brust gestoppt. Das konnten der Schiedsrichter und sein Assistent gar nicht sehen", sagte Guerrero, der den verletzten Mladen Petric (Muskelfaserriss) sehr ordentlich vertrat. Verbalen Beistand erhielt der Südamerikaner von Arnesen ("Wir haben heute gegen 13 Mann gespielt") und HSV-Chef Carl Jarchow: "Ich verstehe solche Schiedsrichterentscheidungen nicht. Herr Schmidt hat uns jeden Vorteil abgepfiffen und auch das Tor nicht gegeben."

Bayern, Hertha, Gladbach, S04 und Werder siegen - BVB remis

Wenig strittig war am Ende eines aufregenden Fußballabends lediglich, dass sich die prekäre Situation am Tabellenende durch den erneut verpassten Heimsieg für den HSV weiter verschärft hat. Finks Mannschaft kletterte mit gerade mal neun Punkten aus elf Spielen zwar auf den drittletzten Rang, konnte sich nach dem Trainerwechsel und zwei Heimspielen in Folge aber nicht aus der Gefahrenzone befreien. "Wir mussten jetzt zwei Tiefschläge gegen Wolfsburg und Kaiserslautern wegstecken, aber auch daraus kann man als Team wachsen", sagte Mittelfeldmann Marcell Jansen, "wir müssen einfach weiter an uns glauben." Zumindest dieses Ziel, das wurde am Sonntag überdeutlich, scheinen die Hamburger vor dem Auswärtsspiel in Leverkusen und dem Heimspiel gegen Hoffenheim nicht aus den Augen zu verlieren.

An der Spitze der HSV-Supporters wird sich in den kommenden drei Jahren nicht viel ändern. Bei den Wahlen der Abteilungsleitung im CCH am Sonntag wurden der Vorsitzende Ralf Bednarek, sein Stellvertreter Christian Bieberstein und als Beisitzer Andreas Kloss in ihren Ämtern bestätigt. Neu dabei sind Christopher Gnauck und Rainer Doell.