Trotz des letzten Tabellenplatzes gibt sich HSV-Trainer Oenning optimistisch - auch wegen Neuzugang Ivo Ilicevic, der aus Kaiserslautern kam.

Hamburg. In Zeiten einer Krise kann schon ein kleines Erfolgserlebnis helfen. Wie gestern Abend? Da gewann der HSV ein nachgeholtes Testspiel zum 100. Vereinsjubiläum des SC Concordia mit 7:0 (Tore: Mladen Petric/3, Slobodan Rajkovic, Marcus Berg, Tibor Nadj, Jeffrey Bruma). Trainer Michael Oenning wechselte in der Pause fast komplett, nur Bruma und Gökhan Töre spielten durch. Der Gegner spielt zwar nur in der Landesliga, doch um sich den Frust von der Seele zu schießen und endlich mal wieder das Gefühl zu haben, als Sieger den Platz zu verlassen, kam die Partie vielen recht. "Ein solcher Test ist in unserer Situation durchaus sinnvoll, da wir so Wettkampfbedingungen schaffen, die wir im Training nicht haben", sagte der vom 1. FC Kaiserslautern gekommene Neuzugang Ivo Ilicevic, der nach zwei Trainingseinheiten das erste Mal mit seinen neuen Kollegen auflief. Auch wenn er aufgrund einer Rotsperre in der Bundesliga noch bis zum Auswärtsspiel beim SC Freiburg am 16. Oktober pausieren muss, ist er für Oenning einer der vier Trümpfe, mit denen der HSV stechen will, um dem Tabellenkeller zu entkommen:

Ivo llicevic

Der Kroate ist die Wunschlösung für Trainer Oenning: "Er ist der Kreative, der uns fehlte." Ilicevic soll für Ideen im bisher eher biederen Offensivspiel des HSV sorgen. Das kann er vorzugsweise über die linke Seite, wo er sowohl als Vorlagengeber in Erscheinung tritt als auch selbst den Abschluss sucht. "Ich ziehe vom Flügel gern in die Mitte", sagt der 24-Jährige, dessen rechter Fuß zwar stärker ist, aber auch sein linker ist zu mehr als einem Standbein zu gebrauchen. Das zeigte er auch gegen Concordia, wo er die erste Halbzeit auf der linken Seite spielte und der beste Akteur auf dem Platz war. Alle Aktionen des Technikers hatten Hand und Fuß, er wirkte voll integriert. Das zweite Tor von Mladen Petric bereitete er wunderschön vor.

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Harter Konkurrenzkampf

Anders als vor fast fünf Jahren, als der HSV unter Trainer Thomas Doll das Tabellenende zierte, ist der aktuelle Kader nicht von Verletzungen gebeutelt und der Konkurrenzkampf hoch. Durch das nahende Pflichtspiel-Debüt von Ilicevic ist die Leistungsdichte im Kader weiter gestiegen. Der beim 0:2 in Bremen enttäuschende Marcell Jansen bekommt nach dem Weggang von Eljero Elia wieder einen echten Konkurrenten vorgesetzt, im defensiven Mittelfeld kämpfen fünf Spieler um zwei Positionen, und auf der rechten Seite müssen nach der schnellen Genesung von Heung-Min Son künftig auch Per Skjelbred und Gökhan Töre um ihren Platz im Kader bangen. Diese Situation kann ein Reizklima auslösen, das Oenning in dieser Lage für durchaus positiv hält. "Von den Spielern müssen Reaktionen kommen, die auch mal in Gelben Karten enden können. Ich will den absoluten Willen erkennen."

Die Fans

Als der HSV in der vergangenen Saison im Mittelfeld der Tabelle herumdümpelte, häuften sich Pfiffe von den Rängen für die durchschnittlichen Leistungen. Jetzt steht der HSV auf Platz 18, verliert gegen Bremen - und das Team wird nach dem Spiel von den Anhängern gefeiert. "Die Fans haben begriffen, was sich vor der Saison verändert hat und welche Konsequenzen das haben kann", erklärt Oenning. "Die letzten Spiele waren von der Art und Weise her einfach so, dass man sie als Fan trotz der ungenügenden Ergebnisse akzeptieren kann." Oenning selbst tut einiges dafür, dass das Verhältnis gut bleibt. So stellt er sich heute Abend zusammen mit Co-Trainer Frank Heinemann in einer Diskussionsrunde den Mitgliedern des Supporters Clubs. "Ich suche den Austausch, ich freue mich auf diesen Termin, denn ich will wissen, was die Leute an der Basis denken", sagt der Chefcoach.

Die Innenverteidigung

In den ersten Spielen wurde sie personell ständig verändert und war der Unsicherheitsfaktor. Seit der Verpflichtung von Slobodan Rajkovic, der vom FC Chelsea kam, scheint die defensive Zentrale wieder zu funktionieren. "Bei einigen Spielern vermisse ich in gewissen Situationen die volle Konsequenz, bei Rajkovic spürst du sie immer", lobt Oenning den Serben in den höchsten Tönen. Von dessen Kompromisslosigkeit profitiert auch Nebenmann Heiko Westermann, der langsam zur erhofften Verfassung findet und gegen Werder für viele der beste HSV-Akteur war. "Slobodan und ich verstehen uns spielerisch wie taktisch sehr gut. Er verteidigt relativ weit vorne und unterbindet Angriffe früh. Dadurch werden wir nicht mehr so dauerhaft wie noch zu Saisonbeginn unter Druck gesetzt", erklärt der HSV-Kapitän die neue Kompaktheit.

Vier Gründe, die zumindest den stärker in die Kritik geratenen Trainer Oenning optimistisch stimmen: "Wir haben die Voraussetzungen, um uns selbst zu helfen."