Der HSV in München erinnerte Matz an eine A-Jugend, die gegen die Nationalelf testen darf. Die Mannschaft müsse sich auf dem Platz finden.

Hamburg. Wer erinnert sich nicht an die vergangenen Spielzeiten? Da klagte jeder zweite HSV-Fan über die Erfolglosigkeit des Teams: "Diese Mannschaft ist keine Mannschaft. Deswegen funktioniert hier auch nichts!" Und heute? Eine richtige Mannschaft sehe ich beim HSV noch nicht. Trotz aller Versuche. Im Trainingslager im Zillertal gab es einen Mannschaftsabend, der bis um fünf Uhr morgens andauerte. Kürzlich gab es einen Surf-Tag vor Fehmarn.

Aber eine Mannschaft? Die hat sich trotz allem nicht gefunden. Wenn ich an die traurige Vorstellung in München denke, taucht sofort das Bild einer A-Jugendmannschaft auf, die ein paar Tage vor einem Länderspiel mal gegen die Nationalelf testen darf. Eine Mannschaft muss sich finden, und das geht nur auf dem Platz. Leider funktioniert sie nur mit Erfolgen fast wie von selbst.

Jede HSV-Epoche hatte ihre große Mannschaft. Im Meisterteam von 1960 spielten elf Hamburger Freunde, die sich größtenteils schon lange aus der Jugend kannten. 1983 erklärte der "Boss" Horst Hrubesch den Erfolg wie folgt: "Wenn wir spielen, dann stehen elf Winner-Typen auf dem Rasen, für die es nur um eines geht: siegen." Und Felix Magath steckte mir mal: "Jimmy Hartwig war in unserem Team schon eine besondere Nummer, wir waren zwar ein Team, aber es spielten zehn Spieler und Jimmy. Wenn der aber mal gefoult worden war, dann hat ihn derjenige Kollege gerächt, der den nächsten Zweikampf mit dem Übeltäter führte. Das musste sein, da hielten wir eisern zusammen." Eine Mannschaft eben.

Selbst um die Jahrtausendwende hatte der HSV noch eine richtige Mannschaft, eine funktionierende Gemeinschaft. Obwohl Sergej Barbarez einmal sagte: "Es sind lauter nette und gute Jungs, wir verstehen uns prächtig. Aber wir bräuchten, um unser Potenzial ausschöpfen zu können, Reibungspunkte. Ein paar Hunde, die ab und an mal Theater machen, die wären schon nicht verkehrt." Und doch hat es gereicht.

Beim HSV anno 2011 aber stehen (fast) nur brave Jungs unter Vertrag. Und so spielen sie dann auch die 90 Minuten herunter: brav. Dem HSV fehlt der eine oder andere "schmutzige Spieler". Und er benötigt seine Routiniers. Jene erfahrenen Spieler, die Trainer Michael Oenning nach dem 0:5-Debakel in München kritisierte - weil sie sich nicht gezeigt hätten. Ich stütze Oenning, aber die Kritik kann ich nicht so recht nachvollziehen, denn man kann nicht nur auf die "Alten" bauen, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Ein Trainer sollte sich die Routiniers, wenn er sie denn haben will, stets in sein Boot holen. Stellt er aber die erfahrenen Spieler öffentlich infrage und braucht er sie später dann doch, dann darf sich niemand wundern, dass es in dieser Mannschaft nicht richtig funktioniert.

Die HSV-Kolumne "Matz ab" finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab