Ein Kommentar von Peter Wenig

Selbst ein hartgesottener Trainer wie Peter Neururer war sichtlich beeindruckt. "Diese gigantische Stimmung ist weltweit einmalig", sprach Neururer, Augenzeuge des Freudenfests beim 2:1-Sieg des FC St. Pauli gegen Duisburg. Niemanden interessierte noch, dass die Hamburger spielerisch manches schuldig geblieben waren. Thema war allein der Geist der Mannschaft, die diesen Last-Minute-Sieg förmlich erzwungen hatte.

Michael Oenning, leidgeprüfter Cheftrainer des HSV, sollte ernsthaft in Erwägung ziehen, zumindest die Schlussphase dieses Spiels seinen Profis als Video-Anschauungsunterricht zu verordnen. Sicher, es war ein Duell eine Klasse tiefer. Und doch war es ein Lehrstück in Sachen Kampfbereitschaft und Willen. Zeigt der HSV am Sonnabend im Keller-Duell gegen den 1. FC Köln eben diese Leidenschaft, dann wird die Atmosphäre im Volkspark nicht anders sein als am Montag am Millerntor.

Denn bei aller Rivalität zwischen Raute und Totenkopf eint beide Fan-Lager derzeit eines: die Bescheidenheit. Weder vom neu formierten HSV noch vom Absteiger FC St. Pauli wird Zauberfußball erwartet. Mit Recht vergrätzt reagieren die Fans jedoch auf blutleere Auftritte, die - wie zuletzt beim 0:5 beim FC Bayern - an Arbeitsverweigerung grenzen. Dass beim HSV die Lage weit schlechter ist als die Stimmung, zeigen die desaströsen Leistungsdaten. Der Verrat an den Grundtugenden des Fußballs lässt sich mit dem Faktor Umbruch nicht im Ansatz erklären. Michael Oenning wird sich daran messen lassen müssen, wie schnell er dies ändert.