Nach dem Fehlstart in der Bundesliga holt HSV-Sportchef Frank Arnesen Slobodan Rajkovic vom FC Chelsea

Hamburg. Als um 11.44 Uhr ein gewaltiger Lkw vor der Haupttribüne der HSV-Arena parkte, flackerte kurz die Hoffnung auf, der Klub würde mit einer üppigen Lieferung frischen Geldes versorgt - schließlich gehörte das Fahrzeug dem Logistik- und Gütertransportunternehmen Kühne & Nagel. Leider nur ein müder Scherz. Eine Szene mit Symbolcharakter war es dennoch. Denn zurzeit wären wohl viele Fans des HSV froh, würde Klaus-Michael Kühne erneut einige Millionen Euro lockermachen, damit der Klub mit Neueinkäufen den befürchteten Absturz schnell stoppen kann.

An einen erneuten Deal mit dem Investor ist zwar nicht gedacht, tatenlos bleiben wird der Verein dennoch nicht. Das 0:5 bei Bayern München hat die HSV-Verantwortlichen in eilige Betriebsamkeit versetzt. Bis zum 31. August soll der Kader trotz bescheidener Bordmittel noch mal verstärkt werden. Der erste Neuzugang ist dabei bereits im Anflug: Innenverteidiger Slobodan Rajkovic. Der 22-jährige Serbe spielte in der vergangenen Saison für Vitesse Arnheim in der niederländischen Ehrendivision als Leihgabe des - Überraschung! - FC Chelsea. Zwar ist der Vertrag mit dem Linksfuß noch nicht unterschrieben, aber mit einer schnellen Einigung ist zu rechnen. Die niederländische Zeitung "Voetbal International" hatte über eine Ablösesumme in Höhe von drei Millionen Euro und einen Vierjahresvertrag spekuliert. Vermutlich dürfte die Laufzeit aber nur bei drei Jahren liegen und die Ablöse bei 1,5 Millionen Euro.

Frank Arnesen wollte den Transfer am Montag weder bestätigen noch dementieren ("Ich rede erst über Spieler, wenn sie in Hamburg sind"). Bejahen wollte der Sportdirektor des HSV nur, dass er vom Aufsichtsrat - wie am Sonntag bereits von dessen Vorsitzenden Otto Rieckhoff bereits signalisiert - die Erlaubnis erhalten hatte, auf dem Transfermarkt aktiv zu werden.

Dass sich der Däne nach den Verpflichtungen von Jeffrey Bruma, Michael Mancienne, Gökhan Töre und Jacopo Sala zum fünften Mal aus dem reichhaltigen Spielerfundus seines ehemaligen Arbeitgebers bedienen will, wirkt auf den ersten Blick allerdings einfallslos und setzt Arnesen, der im internationalen Fußball als so gut vernetzt gilt, auch selbst unter Druck. Schließlich muss erwartet werden, dass Arnesen diesen Spieler bestens kennt und er die Wahrscheinlichkeit als hoch einschätzt, dass der Serbe der instabilen Defensive sofort helfen kann. Abwehrtalente gibt es bekanntlich genug.

Trotz seines jungen Alters hat Rajkovic bereits beachtliche Reiseaktivitäten als Fußballer hinter sich. In seiner Heimat erwarb er sich bei OFK Belgrad einen Ruf als Ausnahme-Talent und wurde als 16-Jähriger für 5,2 Millionen Euro zum FC Chelsea transferiert. Dort schaffte Rajkovic jedoch nicht den Sprung ins A-Team und wurde deshalb vom Londoner Klub Jahr für Jahr verliehen. Erst wieder nach Belgrad (1/06-6/07), dann zum PSV Eindhoven (7/07-6/08), zu Twente Enschede (7/08-6/10) und schließlich nach Arnheim (8/10-6/11). Die Ausflüge dürfen durchaus als erfolgreich eingestuft werden. Sowohl in Eindhoven (2008) als auch bei Twente (2010) half Rajkovic, den Meistertitel zu erringen und schaffte mit seinen Leistungen auch den Sprung in die serbische Nationalmannschaft. 2008 debütierte er gegen Irland und kam seitdem auf sechs Einsätze.

Im Nationaltrikot erlebte Rajkovic allerdings auch seine bitterste Stunde: Nachdem er während des olympischen Turniers in Peking im Spiel der U-21 gegen Argentinien seinen Gegenspieler bespuckt hatte, wurde er zunächst ein Jahr für alle nationalen und internationalen Spiele gesperrt. Im November reduzierte der Weltverband Fifa dann die Sperre. Für Test- und Qualifikationsspiele seiner Nationalmannschaft blieb Rajkovic zwar gesperrt, für Twente war er jedoch wieder spielberechtigt.

Ob Trainer Michael Oenning den Neuen schon beim so wichtigen Spiel gegen den 1. FC Köln einsetzen kann, ist noch offen. Als wahrscheinlich gilt, dass der verunsichert wirkende Michael Mancienne aus dem Team genommen wird. Nicht ausgeschlossen auch, dass der HSV-Coach Heiko Westermann wieder in die Verteidigung einbaut.

Wer den HSV noch bis zum Transferschluss am 31. August verlassen wird, bleibt ebenfalls spannend. Klar ist, dass Guy Demel und Mickael Tavares gehen sollen. Aber auch einen kurzfristigen Verkauf von Eljero Elia wollte Arnesen am Montag nicht mehr ausschließen. Vorausgesetzt, das Angebot stimmt (Juventus Turin bot acht Millionen Euro). Angebote liegen derzeit nicht vor.