Der frühere HSV-Trainer Klötzer ist im Alter von 89 Jahren gestorben. Dieter Matz erinnert sich an einen Mann, der die Raute im Herzen trug.

Hamburg. Kuno Klötzer ist tot. Der ehemalige HSV-Trainer starb am 6. August im Alter von 89 Jahren an den Folgen mehrerer Herzoperationen. Die Bundesliga verliert einen ihrer besten Trainer der Liga-Geschichte, der HSV trauert um einen überragenden und stets fairen Menschen, die HSV-Fans werden ihren "Ritter Kuno", den sie stets auf Händen getragen haben, niemals vergessen. Kuno Klötzer war in dem oft als eiskalt bezeichneten Profi-Fußball ein ganz besonderer Mensch, er stellte sich nie in den Mittelpunkt, er fand niemals auch nur ein böses Wort, er verlor nie die Contenance, er verkörperte stets Volksnähe und Menschlichkeit. Auch ich bin tieftraurig über diesen riesigen Verlust, denn wir waren beinahe Nachbarn und über Jahrzehnte freundschaftlich verbunden.

Kennengelernt haben wir uns im Herbst 1981. Ich war Journalist einer kleinen Zeitung in Schleswig-Holstein, Kuno kam als Schiedsrichter. Wir hatten zwei Auswahlmannschaften zusammengestellt, er sagte spontan zu, den 23. Mann zu geben. So war er immer. Ein Mensch zum Anfassen, kein Hauch von Arroganz. Ein feiner Herr.

Oft haben wir uns im Arriba-Schwimmbad getroffen. Eisern legten wir Runde um Runde zurück - mit nur einem Thema im Munde: Fußball. Kuno sprach über seine Laufbahn als Fußballer, über seine Karriere als Trainer und über den HSV - seinen HSV. Die Raute trug er im Herzen.

Beim VfB Geyer (Erzgebirge) hatte er einst mit dem Fußball begonnen, mit dem VfB Helmstedt stieg er mehrere Male auf. Er war Mittelläufer, Spielertrainer, Platzwart und Angestellter der Kreisverwaltung. "Eine harte Zeit, es gab ja nichts", hat er gesagt. "Wir hatten nur den Fußball." Er hatte seine Anneliese, die seine Frau wurde. Die fortan mit ihm durch die Republik zog, aus Liebe. Sie waren ein Fußball-Herz und eine Fußball-Seele.

Kuno berichtete mir von seinen Treffen mit dem legendärsten aller Bundestrainer: "Der Sepp Herberger war der größte Trainer für mich, er hatte unglaubliche Sachkenntnis, war in jeder Situation diszipliniert, fair und respektvoll im Umgang mit anderen Menschen. Von ihm habe ich viel gelernt." 1952 musste er - als Spieler von Werder Bremen - seine Spielerkarriere wegen eines Knieschadens beenden, mit der bei Herberger erworbenen Trainerlizenz blieb er dem Fußball erhalten.

Seine Spieler berichteten, dass es zwei "Klötzers" gab: einen "harten Hund", der seinen Jungs alles abverlangte, und einen humorvollen, nachsichtigen und teilweise auch weichen Kuno. Über Willi Reimann sagte er einmal: "Er hat sich verdrückt, wo er und wie er nur konnte. Niemals hätte ich gedacht, dass er später einmal ein so guter Trainer werden würde. Kompliment." Das größte Schlitzohr seines Fußballlebens spielte auch beim HSV: "Das war Georg Volkert. Der Mann hatte es in jeder Lage faustdick hinter den Ohren." Auch andere lobte er: Felix Magath ("Ein Vordenker seiner Mannschaft"), Peter Nogly (geradlinig"), Klaus Zaczyk ("bienenfleißig") oder Johann "Buffy" Ettmayer ("genial").

Kuno liebte "sein Jungs", war nicht nur Trainer, sondern auch väterlicher Freund. Und die Herren Profis erlaubten sich Schabernack. Vor einem Trainingslauf, den der Coach stets auf dem Fahrrad begleitete, ließen sie schon mal die Luft aus den Reifen, beim gemeinsamen Mittagessen schraubten sie gelegentlich die Kappe des Salzstreuers ab. Er konnte darüber schmunzeln.

So harmonisch ging es beim HSV nicht immer zu. Kuno hat mir ausführlich beschrieben, welche Probleme er mit seinem Präsidenten Dr. Peter Krohn hatte. Der Stachel saß auch Jahrzehnte später noch tief. "Eines Tages war das Fass übergelaufen. Ich fuhr vom Trainingsgelände Ochsenzoll nach Hause und sagte meiner Anneliese: 'Anni, es ist so weit, heute werde ich kündigen.' Und so ist es dann auch geschehen", sagte er mir im Schwimmbad. Es war im Sommer 1977, als es einfach nicht mehr ging. Er hatte seinen Ärger zu lange still für sich behalten.

Auch wenn er danach noch Hertha BSC, Werder Bremen und den MSV Duisburg trainierte und 1982 seine Karriere beendete, blieb er dem HSV immer treu und wohnte einen Kilometer vom Trainingszentrum entfernt.

Kuno Klötzer las alles, sah alles, hörte alles, war immer noch auf Ballhöhe. Er war, das darf ich auch sagen, ein großer "Matz ab"-Fan. Wann immer wir uns trafen, plauderten wir über den HSV, über den Fußball. Bis zuletzt, trotz aller Schicksalsschläge. Er betreute seine kranke Frau zu Hause und im Pflegeheim, er bekam Herzprobleme. Zuletzt wurde er von seinem ehemaligen Torwart und Assistenten Arkoc Özcan fürsorglich umsorgt, wahre HSV-Nächstenliebe. Auch Harry Bähre, ebenfalls einst Klötzers Assistent, kümmerte sich liebevoll. Noch am Krankenbett sagte ihm Bähre: "Kuno, wenn mit dem HSV und Hertha BSC zwei deiner ehemaligen Vereine aufeinandertreffen, hole ich dich ab, dann fahren wir ins Stadion. Dann musst du wieder fit sein." Klötzer nickte nur stumm. Er hat es nicht mehr geschafft.

Mach es gut, lieber Kuno, du warst ein großartiger Mensch, wir alle werden dich niemals vergessen, wir werden uns immer an einen ganz großen Menschen erinnern. Ich freue mich, dass ich dich kennenlernen durfte. Kuno Klötzer, ein Superkerl und ein ganz feiner Herr.