Die niederländische Abwehrlegende Jaap Stam spricht im Interview über die HSV-Holländer und die richtige Frisur für einen Verteidiger.

Zwolle. Jaap Stam, 1,91 Meter groß, breite Schultern, stechender Blick, hat auch vier Jahre nach seinem Karriereende als einer der härtesten Innenverteidiger Europas nichts von seiner imposanten Erscheinung verloren. Mit einem Händedruck wie ein Schraubstock begrüßt er seine Gesprächspartner, überrascht dann aber durch seine überaus freundliche und sogar humoristische Art. Der in England als "The Wall" bekannte Ex-Profi, der mit Manchester United die Champions League gewann und 1999 Weltpokalsieger wurde, nahm sich am Rande des Blitzturniers des HSV im niederländischen Zwolle am Wochenende für das Abendblatt "alle Zeit der Welt".

Hamburger Abendblatt: Herr Stam, entschuldigen Sie bitte die Frage, aber was macht eigentlich Jaap Stam?

Jaap Stam: Ich absolviere gerade einen einjährigen Lehrgang, um mein Trainerdiplom zu erhalten. Mir bringt die Arbeit als Coach richtig Spaß. Als Trainer lernt man schnell, auf andere Dinge zu achten, als man es früher als Spieler gemacht hat. Nebenbei arbeite ich zurzeit bei meinem Heimatverein FC Zwolle im Trainerteam und soll ab dieser Saison zusätzlich einen bis zwei Tage pro Woche Ajax Amsterdams Abwehrspieler im Zweikampfverhalten schulen - sowohl die Profis als auch die Nachwuchsspieler.

Sie galten als einer der besten Innenverteidiger überhaupt. Was macht einen guten Abwehrspieler aus?

Stam: Kurze Haare. (lacht) Ein guter Innenverteidiger muss körperlich robust, möglich groß und natürlich auch schnell sein, eine gute Balleröffnung und Technik haben, sowie ein taktisches Verständnis. Hamburgs Jeffrey Bruma hat das alles.

In den Niederlanden wird er schon jetzt als kommender Weltstar gefeiert. Kurze Haare hat er ja.

Stam: In Holland übertreiben wir schon mal ganz gerne. Aber Jeffrey hat wirklich großes Talent. Ich habe ihn ein paar Mal bei Chelsea und auch bei der Nationalmannschaft gesehen und bin begeistert. Auch außerhalb des Platzes ist er ein guter Typ. Bruma hat eine große Karriere vor sich, muss aber noch seine Erfahrungen machen.

Wie kann er sich noch verbessern?

Stam: Manchmal habe ich das Gefühl, dass er noch Schwierigkeiten hat, sich 90 Minuten zu konzentrieren. Das wird er aber mit der Zeit lernen.

Beim HSV soll Bruma Joris Mathijsen beerben. Gilt das auch für die niederländische Nationalmannschaft?

Stam: Joris ist bei uns schon lange dabei und hat seine Verdienste. Aber natürlich hat Jeffrey das Potenzial, um einmal sein Nachfolger zu werden. Um es einmal deutlich zu sagen: Jeffrey hat tatsächlich alle Voraussetzungen, um ein Weltstar zu werden.

Ähnliches wurde auch immer wieder von Eljero Elia behauptet.

Stam: Eljero ist unglaublich schnell und kann uns Verteidigern das Leben schon sehr schwer machen. Aber er braucht seinen inneren Frieden, um auf dem Feld zu glänzen. Zurzeit macht er einen sehr ordentlichen Eindruck. Ich würde ihm wünschen, dass er sein großes Potenzial mal über eine ganze Saison beim HSV abrufen kann.

Niederländische Zeitungen spekulieren immer wieder mit einem möglichen Wechsel zu einem europäischen Topklub. Käme so ein Wechsel zu früh?

Stam: Der HSV ist doch ein europäischer Topklub. Natürlich sind Vereine wie Real Madrid oder der FC Barcelona in einer anderen Sphäre, aber gleich danach kommen viele Vereine, zu denen ich auch den HSV zähle. Ich würde Eljero jedenfalls raten, erst mal seine Fußstapfen in Hamburg zu hinterlassen. Bevor man von Klubs wie Barcelona oder Real träumt, muss man sich bei Vereinen wie dem HSV durchsetzen.

Mit Romeo Castelen spielt noch ein dritter Landsmann beim HSV. Trauen Sie ihm nach all seinen Knieverletzungen noch mal ein ernsthaftes Comeback zu?

Stam: Zunächst mal freue ich mich für ihn, dass ihm sein "kleines Comeback" bei uns in Zwolle gelungen ist. Ob er aber wirklich noch mal auf die große Fußballbühne zurückkehren kann, ist zu diesem Zeitpunkt schwer zu beurteilen. Es wird ihn sicherlich anspornen, dass ihm der HSV trotz seiner langen Pechsträhne noch mal einen Einjahresvertrag gegeben hat. Wenn er wirklich fit ist, hat er natürlich das Zeug dazu, in der Bundesliga für Furore zu sorgen.

Sie haben lange bei Manchester United und beim AC Mailand gespielt. Haben Sie trotzdem die Bundesliga verfolgt?

Stam: Was für eine Frage! Seit ich ein Kind bin, habe ich jedes Wochenende die Bundesliga im Fernsehen verfolgt und mache das auch heute noch. Ich habe sehr gerne in England und in Italien gespielt, aber die deutsche Bundesliga hat trotzdem schon immer einen ganz besonderen Reiz für mich gehabt. Es ist schon sehr beeindruckend, wie viele Zuschauer Woche für Woche in Deutschland in die Stadien pilgern.