Das Zillertal hat viele Gewinner hervorgebracht, Oenning spricht von der “Wundertüte der Bundesliga“. Kampf um die Stammplätze beginnt jetzt.

Hamburg. Zum Abschluss des Trainingslagers im Zillertal wollte sich Michael Oenning noch mal etwas Besonderes gönnen. Der HSV-Trainer ließ sich am Sonnabend nach Mayerhofen kutschieren und setzte in schwindelerregender Höhe von 2500 Metern zum großen Sprung an. Mit einem Tandem-Gleitschirm segelte Oenning ins Tal, aus dem sich der HSV-Tross wenig später auf den Rückweg über München nach Hamburg machte. Für Oenning war es der Schlusspunkt einer Woche, die "so richtig Spaß gemacht hat".

Sieben Tage lang hatte Hamburgs Chefcoach seine Profis im Schnitt zweimal am Tag für je 120 Minuten schwitzen lassen. Hinzu kamen die drei Testsiege gegen Ingolstadt, eine Zillertal-Auswahl und Al Ahli Doha mit insgesamt 20:2 Treffern. Aber die Woche in Österreich diente nicht nur dazu, die Profis körperlich und taktisch fitter zu machen. Nach zwei verkorksten Jahren mit teaminternen Streitig- und Eitelkeiten hatte Oenning auf seiner Prioritätenliste ganz oben die Bildung eines Mannschaftsgeistes angesiedelt. Ein Ziel, das der 45-Jährige bereits nach wenigen Tagen als gelungen abhaken konnte: "Die Jungs haben toll mitgezogen und sind auch außerhalb des Platzes als Einheit zusammengewachsen."

Als echte Nagelprobe für die neue Kuschelstimmung innerhalb des Teams hat Oenning die nächsten Tage ausgemacht, in denen er bewusst den Kampf um die Stammplätze forcieren will. "In der kommenden Woche wird sich entscheiden, wer in der ersten Elf steht und wer nicht. Dann ist die Harmoniephase vorbei", sagte Oenning, für den das Trainingslager erst mit dem T-Home-Cup am Dienstag gegen Bayern München und am Mittwoch (Gegner noch offen) in Mainz endet. Das Testspiel am Wochenende gegen Groningen will er bereits als Härtetest für das erste Pflichtspiel der Saison eine Woche später gegen den VfB Oldenburg nutzen.

Und obwohl sich Oenning zunächst beharrlich wehrte, einzelne Profis nach der intensiven Trainingswoche hervorzuheben ("Das Team ist der Gewinner des Trainingslagers"), ließ er sich dann doch zu zwei personalisierten Komplimenten hinreißen. "Robert Tesche hat eine ganz andere Körpersprache als im letzten Jahr", lobte Oenning, der dem 24-Jährigen einen Stammplatz als Staubsauger vor der Abwehr in Aussicht stellt. Und auch der auf Sylt so geschmähte Gökhan Töre durfte sich über einen verbalen Applaus freuen: "Wenn Gökhan so weitermacht, ist er auf einem richtig guten Weg. Er flankt gut, hat eine gute Technik und einen richtig guten Pass. Nur taktisch ist er noch ein wenig undiszipliniert."

Den wohl größten Gewinner der Woche im Sporthotel Stock musste Oenning gar nicht erst hervorheben. Heung Min Sons Leistungen in den Testspielen und im Training sprachen für sich. Der Südkoreaner, der seine starke Trainingswoche am Freitag mit einem Traumtor aus 25 Metern im Test gegen Al Ahli krönte, gilt mittlerweile als ernsthafte Alternative zum immer noch angeschlagenen Mladen Petric. "Wir haben viele Spieler auf einem hohen Leistungsniveau", lobte Oenning, der den HSV "als Wundertüte der Bundesliga" bezeichnete: "Die Jungen spielen Fußball mit Herz. Man wird sehen, ob das dann reichen wird."