Nach 14 Treffern in der Vorbereitung peilt der 19-jährige HSV-Stürmer aus Südkorea in 3250 Metern Höhe hohe Ziele für die Zukunft an.

Finkenberg. Es dauerte nicht einmal fünf Minuten, bis sich Heung Min Son auf 3254 Metern über dem Meeresboden einen Ball suchte und diesen auch fand. Direkt nach der Ankunft auf dem eiskalten Gipfel des Hintertuxer Gletschers ging der Südkoreaner dort, wo normalerweise Skifahrer die herrliche Aussicht genießen, gleich wieder auf Torejagd. Das Showtraining vor rund 100 frierenden Fans auf dem extra für den HSV vorbereiteten Kunstrasenplatz dauerte zwar nur eine Viertelstunde, aber Son war genauso eifrig dabei wie schon in den Tagen zuvor unter Wettkampfbedingungen. "Im Moment läuft es ganz gut", sagte der Torjäger und untertrieb dabei maßlos.

In gerade mal fünf Vorbereitungsspielen traf der in der vergangenen Woche 19 Jahre alt gewordene Fußballer beeindruckende 14-mal. "Tore in der Vorbereitung bringen mir nicht viel. Die Bundesliga zählt", wiegelt das Sturmtalent bescheiden ab, um dann aber sehr selbstbewusste Ziele zu formulieren: "Ich will nicht den Titel des Vorbereitungskönigs gewinnen, ich will Torschützenkönig in der Bundesliga werden. Vielleicht nicht jetzt, aber ganz sicher irgendwann."

Nach der nicht einfachen Premierensaison scheint der 1,83 Meter große Stürmer derzeit auf und abseits des Platzes vor Energie fast überzulaufen, präsentiert sich dabei aber weiterhin demütig und lernwillig. Son trägt die Wasserkisten und Ballnetze, schleppt mit den anderen Jungprofis die Tore und nutzt jede Möglichkeit des freiwilligen Sondertrainings. "Ich habe während der Ferien richtig Gas gegeben", erklärt Son, der acht Kilo leichter ist, seine fast unverschämt gute Frühform.

Ein Stammplatz im Sturmzentrum dürfte trotz der sehenswerten Vorbereitung zwar nicht reserviert sein, aber auch innerhalb der Mannschaft wurde die Aktie Son längst als "strong buy" eingestuft. "Heung Min könnte unsere Überraschung der Saison werden", spekuliert Dennis Diekmeier, Gojko Kacar hält seinen jungen Kollegen für den Hamburger mit "dem größten Steigerungspotenzial". Sein größter Vorteil gegenüber Mladen Petric und Paolo Guerrero, Sons potenziellen Konkurrenten im Angriff, ist seine Vielseitigkeit. So könnte der Offensivallrounder im von Trainer Michael Oenning präferierten 4-3-3-System auch als Flügelstürmer auflaufen. Guerrero, der am Wochenende mit Perus Nationalmannschaft im Viertelfinale der Copa América spielt (Gegner noch offen), und Petric, der nach seiner Leistenoperation noch immer nicht ins Mannschaftstraining eingestiegen ist, gelten dagegen als klassische Zentrumsspieler.

Nur Trainer Michael Oenning weigerte sich bisher hartnäckig, Sons 14 Vorbereitungstreffer öffentlich hervorzuheben. Der Pädagoge will seinen Rohdiamanten langsam aufbauen, ähnlich wie er es vor Jahren in Nürnberg mit dem heutigen BVB-Profi Ilkay Gündogan getan hat.

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Oenning war es, der das damals 18-jährige Supertalent zunächst ein halbes Jahr bei den Profis mittrainieren ließ, ehe er Dortmunds Fünf-Millionen-Neuzugang dann am letzten Spieltag mit seinem ersten Profieinsatz belohnte. Ganz so lange will Oenning mit Son, der in der Vorbereitung zur vergangenen Saison von einem Mittelfußbruch im Freundschaftsspiel gegen den FC Chelsea im heimischen Stadion gestoppt wurde, in diesem Jahr aber nicht warten. Die aufmunternden "Son, Son, Son"-Rufe der Fans bei den Trainingseinheiten im Lindenstadion dürften dem HSV-Trainer jedenfalls nicht entgangen sein.

Sons Leistungsexplosion hat sich aber nicht nur in den Zillertaler Bergen herumgesprochen, auch in seiner koreanischen Heimat ist die Begeisterung um den Jung-Nationalspieler kaum noch zu bremsen. Zuletzt konnte der HSV aus seiner wachsenden Popularität richtig Kapital schlagen: Nach dem südkoreanischen Reifenhersteller Kumho Tyres, der 700 000 Euro pro Jahr bis 2013 zahlt, ist nun auch das Solarunternehmen Hanwha mit 850 000 Euro pro Jahr beim HSV eingestiegen. "Die Sponsoren kommen nicht meinetwegen, sondern, weil der HSV ein großer Verein ist", behauptet Son und untertreibt dabei ein weiteres Mal maßlos.

Flamengo Rio de Janeiro und der HSV haben sich auf einen Wechsel Alex Silvas verständigt. Der Brasilianer muss heute nur noch seinen Medizincheck bestehen, soll dann für vier Jahre unterschreiben. Von der Ablöse von 2,5 Millionen Euro wird für den HSV zwar nichts übrig bleiben, die letzte Rate an Silvas Ex-Klub São Paulo ist damit aber gedeckt.