Während HSV-Legende Keegan nur zu Besuch kam, soll der designierte Neuzugang Skjelbred lange bleiben. Der 24-Jährige kostet rund 900 000 Euro.

Hamburg. Das Gerücht, Engländer hätten keinen Stil, wurde gestern Nachmittag eindrucksvoll im HSV-Museum widerlegt. Mit ein paar Minuten Verspätung schritt Hamburgs lebende Fußballlegende Kevin Keegan, weißes Hemd, grauer Anzug, silberne Haare, durch das Stadionrestaurant Die Raute und hinterließ bei den zahlreichen Fans und Medienvertretern vor allem eines: Eindruck. Für ihn sei es eine große Ehre, seinen Fußabdruck für den "Walk of Fame" neben dem Stadion aus Silikon anfertigen zu lassen, sagte der Engländer, der auch 31 Jahre nach seinem Abschied aus Hamburg in der Hansestadt unvergessen scheint. Fußballerisch war Keegan schon immer extraklasse, modisch setzte "Mighty Mouse" gestern Maßstäbe, als er wegen des Silikonabdrucks sein Hosenbein hochkrempelte und die schwarz glänzenden Lackschuhe, passend zu den schwarzen Socken, zum Vorschein kamen "Es sind doch nur Füße", sagte Keegan, 60, als die Fotografen ein nicht enden wollendes Blitzlichtgewitter starteten.

"Kevin war einer der letzten internationalen Superstars des HSV", lobte Dietmar Jakobs, der neben seinen ehemaligen Zimmerkollegen und Uli Stein ebenfalls seinen Fußabdruck im HSV-Museum anfertigen ließ. Keegan ließ sich noch nicht mal von den zahlreichen Kamerateams beirren, denen er geduldig Rede und Antwort stand. Nur eine Frage verwirrte den einstigen Superstar dann doch: "Kann Per Ciljan Skjelbred der neue Keegan des HSV werden?", wollte ein extra aus Norwegen angereister TV-Journalist wissen.

"Die Antwort wird die Zeit bringen", antwortete Keegan höflich und ließ es sich nicht nehmen, seinem potenziellen Nachfolger, der gestern Vormittag seinen Medizincheck in Hamburg absolvierte und anschließend zurück nach Norwegen flog, alles Gute zu wünschen: "Für einen so jungen Spieler ist ein Transfer nach Hamburg eine tolle Herausforderung." Dass der Wechsel vom Aufsichtsrat bereits abgesegnet wurde und somit unmittelbar bevorsteht, aber längst noch nicht perfekt ist, konnte Superstar Keegan zu diesem Zeitpunkt nicht wissen.

Skjelbred selbst war nach seinem Besuch angetan: "Ich habe einen sehr guten Eindruck vom Verein, der Stadt und der Mannschaft gewonnen. Ich freue mich sehr auf die neue Saison."

Am Ende dieses ereignisreichen Tages blieb lediglich eine Frage offen: Wer ist dieser Skjelbred überhaupt? "Per galt in Norwegen immer als einer der talentiertesten Spieler", sagt Landsmann Jörn Andersen, der 1994 selbst für den HSV auf Torejagd ging. "Leider ist Per in seiner Entwicklung in den vergangenen Jahren etwas stagniert", sagt Andersen, der "fehlende Geschwindigkeit" als Skjelbreds Hauptmanko ausgemacht hat. Ob er ein neuer Keegan werden kann, wollte Andersen nicht beantworten. Angetan ist der frühere Torschützenkönig der Bundesliga dagegen von den Charaktereigenschaften seines Landsmanns: "Per gibt nie auf."

Wahrscheinlich dürfte genau dieser Kampfgeist Scout Bjarne Hansen, der seit diesem Sommer den skandinavischen Fußballmarkt für den HSV sichtet, beeindruckt haben. Hansen, der auch bei Chelsea unter Arnesen gearbeitet hat, soll seinem Chef von Skjelbreds Qualitäten restlos überzeugt haben. Arnesen hat sich in den vergangenen Wochen mehrfach mit Skjelbred getroffen und dem zwölfmaligen Nationalspieler einen Wechsel zum HSV schmackhaft gemacht. Der 1,75 Meter große Fußballer könne zwar nicht mit Statistiken glänzen, sei aber im offensiven Mittelfeld flexibel einsetzbar.

Entdeckt wurde das Talent Skjelbreds vor acht Jahren bei einer Castingshow des Senders TV 3, in der das größte Talent Norwegens gesucht wurde. Der damals 16-jährige Skjelbred gewann den Wettbewerb und den damit verbundenen Hauptgewinn: ein einwöchiges Probetraining beim FC Liverpool. Den angebotenen Jugendvertrag von Liverpool, wo auch Keegan sechs Jahre lang spielte, lehnte der Skandinavier aber ab und entschloss sich stattdessen für ein Engagement bei seinem Heimatverein Rosenborg Trondheim.

Am 9. Juni 2004 debütierte der talentierte TV-Star als gerade mal Sechzehnjähriger für Rosenborg in der norwegischen Tippeligaen, die er trotz zahlreicher Angebote aus dem Ausland nicht mehr verlassen sollte. Bis jetzt. Während in der Vergangenheit ein Transfer Skjelbreds immer an der geforderten Ablöse scheiterte, dürften sich der HSV und Trondheim dieses Mal auf eine Ablöse von rund 900 000 Euro einigen. Einziger Haken: Trondheim will Skjelbred, dessen Vertrag Ende 2011 ausläuft, erst nach der Qualifikation zur Champions League ziehen lassen, sodass er wohl nicht vor dem 3. August in Hamburg eintreffen wird.

Keegan und Skjelbred sind sich im Übrigen tatsächlich schon mal über den Weg gelaufen. Im Sommer 2008 verhinderte der damalige Newcastle-Manager Keegan einen Tag vor Ablauf des Transferfensters den schon sicher geglaubten Transfer Skjelbreds auf die Insel. "Das ist lange her. Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern", sagte Keegan gestern, "was zählt, ist die Zukunft."