HSV-Youngster Mohamed Besic soll schon bald zu einem der besten Innenverteidiger der Liga reifen. 2012 will er mit Bosnien zur EM.

Hamburg. Wie wenig Mohamed Besic Interviewtermine gewohnt ist, wird bereits bei der Begrüßung vor dem Stadionrestaurant Die Raute deutlich. Der Nachwuchsprofi des HSV ist pünktlich auf die Minute, entschuldigt sich aber trotzdem für das Zuspätkommen. Besic ist schüchtern, aber höflich. Der junge Mann mit der modischen Boy-Group-Frisur, den einige Fußballexperten für das größte Abwehrtalent der Bundesliga halten, wirkt während des ersten Interviews seines Lebens wie ein Teenager vor dem Abschlussball - Vorfreude und Stolz paaren sich mit Ungewissheit und Aufgeregtheit.

Besic hofft auf die Teilnahme an der Europameisterschaft 2012

Erst als Besic merkt, dass es in dem Gespräch hauptsächlich um Fußball gehen soll, entspannen sich seine Gesichtszüge merklich. "Ich denke eigentlich immer an Fußball", sagt er und lächelt dabei verhalten. Besic spricht über sein Vorbild Cristiano Ronaldo, über seinen Wunsch, für Bosnien bei der EM 2012 zu spielen, und über sein Ziel, sich schon in dieser Saison einen Platz im Abwehrzentrum des HSV zu ergattern. Ganz schön viele Träume für einen 17-Jährigen, der 2009 von Tennis Borussia Berlin verpflichtet wurde. Doch während Ronaldo und die EM 2012 noch recht weit weg scheinen, könnte ein Platz im HSV-Kader in naher Zukunft erkämpft werden. "Der Junge kann etwas. Es hat schon was, wie er mit dem Ball nach vorne spielt. Im Spielaufbau ist er schon jetzt überragend", lobt Trainer Armin Veh seinen jungen Schützling fast überschwänglich.

Man kennt das ja. Macht ein Nachwuchsfußballer aus der eigenen Jugend in der Vorbereitung auf sich aufmerksam, gibt man als Trainer den Medien gerne mal etwas Futter. In der vergangenen Saison hat Veh, damals noch Trainer beim VfL Wolfsburg , ähnlich lobende Worte für Nachwuchstorjäger Alexander Esswein gefunden. Der damals 19-Jährige durfte dann viermal bei den Profis ran und wechselte schließlich im Sommer zu Dynamo Dresden in die Dritte Liga. Doch mit Besic scheint es Veh ernst zu meinen: "Natürlich braucht er noch ein bisschen Zeit, aber die gebe ich ihm auch."

Beim HSV herrscht große Einigkeit, dass Besic tatsächlich ein Guter werden kann. Fast-Sportdirektor Urs Siegenthaler, der bekanntlich ein geschultes Auge für Talente hat, ließ kurz vor seiner erzwungenen Demission intern verlautbaren, dass der gebürtige Berliner innerhalb von zwei Jahren sogar zu einem der hoffnungsvollsten Bundesligaverteidiger reifen könnte. Und auch Veh-Assistent und Entdecker Michael Oenning, dem Besic bei einem A-Jugendspiel zwischen dem HSV und Carl-Zeiss Jena erstmals nachhaltig aufgefallen war, glaubt an das Potenzial des Hochgelobten: "Körperlich muss er noch zulegen, aber er hat schon jetzt ein unheimlich gutes Auge."

Der Bosnier wird täglich von einem Fahrer aus dem HSV-Internat abgeholt

Besic spürt, dass wichtige Monate auf ihn zukommen. Im Abwehrzentrum sind Joris Mathijsen und Heiko Westermann gesetzt, doch dahinter klafft eine Lücke. "Das ist meine Chance", sagt der gelernte Mittelfeldspieler, der in der internen Verteidigerhierarchie den 60-fachen tschechischen Nationalverteidiger David Rozehnal längst überholt hat. Und Besic, der noch keinen Führerschein hat und deswegen täglich von einem HSV-Mitarbeiter zwischen Trainingsplatz und HSV-Internat chauffiert wird, will seine Chance unbedingt nutzen. Zuletzt trainierte er mit einem Schienenverband (links) um den gebrochenen und einem Stützverband (rechts) um den verstauchten Arm.

"Ich spiele ja Fußball und nicht Handball", erklärt Besic, lacht und verabschiedet sich ähnlich höflich wie bei der Begrüßung. Zurück bleibt die Gewissheit, dass das erste Interview seiner Karriere sicherlich nicht Besics letztes Interview gewesen sein wird.