Guerrero trennt sich vom Berater und muss gegen Stuttgart wieder auf die Bank. HSV-Trainer Oenning appelliert an seinen launigen Star.

Hamburg. Mit Schulnoten kann Michael Oenning nach eigener Aussage "mal überhaupt gar nichts" anfangen. Das überrascht insofern, als dass der in dieser Woche auch offiziell zum Cheftrainer beförderte Übungsleiter des HSV in seinem früheren Leben studierter Deutsch- und Englischlehrer war. Die Frage nach einer Bewertung von Paolo Guerreros Trainingsleistung in dieser Woche beantwortete der Pädagoge folglich nicht mit einer Bewertung zwischen eins und sechs, sondern mit der Einschätzung, dass sich der Peruaner bemüht habe. Übersetzt ins Schuldeutsch heißt das wohl, dass Guerrero den Unterricht nicht störte, aber auch nicht durch überdurchschnittliche Leistungen aufgefallen war. Vier plus.

Nun ist Oenning kein Lehrer und Guerrero kein Schüler. Vor dem Spiel gegen Stuttgart (Sa., 15.30 Uhr/Sky und Abendblatt-Liveticker) ergriff der HSV-Trainer aber dennoch die Chance, seinen Zögling in einem ausführlichen Vieraugengespräch über dessen Perspektiven aufzuklären. "Paolo muss sich einfach darüber klar werden, was er will. Mit seinen 27 Jahren müsste er eigentlich ein Führungsspieler sein", sagte Oenning, der zudem betonte, dass Guerrero "mit seinen Fähigkeiten bei 30 von 34 Spielen von Anfang an auflaufen müsste". Mindestens.

Gegen Stuttgart, so viel wollte Oenning bereits vor dem Abschlusstraining an Karfreitag verraten, wird aber wohl kein Startelf-Eintrag in der Statistik für Guerrero hinzukommen. Er tendiere dazu, Musterschüler Änis Ben-Hatira an der Seite Mladen Petrics starten zu lassen, sagte Oenning. Guerrero wird dagegen den Anpfiff erneut nur von der Bank aus verfolgen können. "Ich respektiere die Entscheidung des Trainers", sagt Guerrero, dessen Zukunft beim HSV sich unmittelbar nach der bevorstehenden Zeugnisvergabe im Sommer entscheiden wird.

Vier Spiele lang hat der Südamerikaner also noch Zeit, die Verantwortlichen des HSV doch noch nachhaltig von seinen Qualitäten zu überzeugen. "Ich will mir keinen Druck machen", sagt Guerrero, der dem Abendblatt bestätigt, dass er sich von seinem umtriebigen Berater Rodger Linse getrennt habe. Den Grund für die Trennung wollte Guerrero nicht nennen, am Geschäftssinn des Niederländers kann es allerdings nicht gelegen haben. Linse, der in der Branche einen zwielichtigen Ruf genießt, hatte Guerrero im vergangenen Jahr den Vertrag seines Lebens beim HSV beschert. Inklusive Handgeld, das auf die gesamte Vertragslaufzeit bis 2014 aufgeteilt wird, verdient der Peruaner 4,6 Millionen Euro im Jahr.

Ex-Berater Linse erhielt 800 000 Euro Provision für den Guerrero-Vertrag

Linse, der nach Carlos Delgado bereits der zweite Ex-Berater Guerreros ist, erhielt im Gegenzug für den Vertrags ein fürstliches Honorar von 800 000 Euro, das ebenfalls in Raten von je 200 000 Euro auszuzahlen ist.

Guerrero selbst ist es leid, nur noch an seinem überdurchschnittlichen Gehalt gemessen zu werden. Der Angreifer will sich auf dem Rasen beweisen, sofern man ihn denn lässt. Abseits des Platzes versucht der Südamerikaner, der in der Vergangenheit mehrfach durch Disziplinlosigkeiten aufgefallen ist, mittlerweile den Ball flach zu halten. So ist er erst kürzlich aus seiner Wohnung in der Elbchaussee ausgezogen, um in Wellingsbüttel etwas mehr Ruhe zu haben. Ob Guerrero aber genug Zeit haben wird, sein neues Domizil auch einzurichten, bleibt fraglich. Trainer Oenning, ganz der Pädagoge, hat die Hoffnung jedenfalls nicht aufgegeben: "Nur Paolo hat den Schlüssel." Er muss ihn nur noch ins Schloss stecken.