HSV-Aufsichtsrat diskutiert heute den Etat und den umstrittenen Beratervertrag. Gesucht wird zudem ein Abnehmer für Paolo Guerrero.

Hamburg. Die Sitzung im Stadionrestaurant "Die Raute" beginnt um 19 Uhr - Ende offen. Gerechnet wird mit einer emotionalen und langen Debatte. Geht es doch für den HSV-Aufsichtsrat heute um das wichtigste Thema im Profi-Fußball: Geld. Gesprochen wird über den Etat der kommenden Spielzeit. Das Abendblatt beantwortet vorab die wichtigsten Fragen.

Warum wird die aktuelle Finanzlage vom alten und vom neuen Vorstand unterschiedlich bewertet?

Der ehemalige Vorstandschef Bernd Hoffmann hatte dem Aufsichtsrat noch im März einen langfristigen Finanzplan bis zum Jahr 2015 vorgelegt. Darin wurde ein Gewinn von über einer Million Euro prognostiziert. Auf der Einnahmeseite war hier unter anderem eine mögliche Zahlung des Caterers Aramark in Höhe von drei Millionen Euro bilanziert. Offenbar war Aramark bereit, dem HSV eine mögliche Ausstiegsklausel für diesen Betrag abzukaufen. Hinzu kommen Gehaltseinsparungen sowie mögliche Sonderzahlungen. So muss Manchester City noch 500.000 Euro für Nigel de Jong überweisen, wenn der Klub einen europäischen Wettbewerb erreicht, Real Madrid im Zuge des Van-der-Vaart-Transfers für einen Titelgewinn - ob national oder international - gar eine Million. Hoffmann: "Die wirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen der Verein steht, waren jedem bekannt. Jeder Aufsichtsrat war über die wirtschaftlichen Kenndaten bis zum Jahr 2015 informiert. Wir haben diesen Verein besenrein übergeben." Sein Nachfolger Carl-Edgar Jarchow hält die Kalkulation für zu optimistisch. Für ihn steht fest: "Der HSV hat auf einem Niveau gewirtschaftet, das er sportlich nicht bestätigen konnte." Und er ergänzt: "Meine Philosophie ist es, dass ich grundsätzlich nicht bereit bin, Schulden zu machen, um teure Spieler zu verpflichten."

Wie viel Geld will der HSV einsparen?

In der aktuellen Spielzeit liegt der Etat für die Gehälter der Profis und des Trainerstabes bei rund 47 Millionen Euro. Der neue Vorstand will rigoros sparen - die Rede ist von zehn Millionen Euro. Dies geschieht vor allem vor dem Hintergrund, dass der HSV in der kommenden Saison rund 14 Millionen Euro für Transfers aus der Vergangenheit (Berg, Rozehnal) zahlen muss. Diese Transfers waren über Raten finanziert - ein in der Branche durchaus übliches Vorgehen. Auch bei Verkäufen - wie bei de Jong oder van der Vaart - wurden Ratenzahlungen vereinbart. Bislang haben sich Ein- und Ausgaben in diesem Bereich weitgehend gedeckt, das ist in der kommenden Spielzeit nicht mehr der Fall. Hinzu kommen Abfindungskosten für die ausgeschiedenen Vorstände Katja Kraus und Bernd Hoffmann von rund einer Million Euro.

Wie werden die Einsparungen realisiert?

Allein mit den Abgängen von Frank Rost (geschätztes Jahresgehalt: zwei Millionen Euro), Ruud van Nistelrooy (vier Millionen Euro), Piotr Trochowski (zwei Millionen Euro) und Collin Benjamin (eine Million Euro) werden neun Millionen Euro eingespart. Zusätzlich sollen die Personalkosten in der Geschäftsstelle massiv sinken. Dies wird nicht reichen, da sich der HSV trotz des Sparkurses verstärken muss. Zwar werden keine großen Stars kommen. Der HSV wäre jedoch bereit gewesen, für Wunschspieler Ilkay Gündogan mindestens sechs Millionen Euro Ablöse an Nürnberg zu zahlen. Der 20-Jährige soll sich allerdings bereits für Dortmund entschieden haben. Nun wird Ersatz gesucht. Der neue Sportchef Frank Arnesen, dessen Jahresgehalt von rund zwei Millionen Euro ebenfalls finanziert werden muss, soll noch Spieler vom FC Chelsea mitbringen. Zudem sollen die teuren Spieler Zé Roberto (Vertrag läuft aus) und Mladen Petric (Vertrag bis 2012) unbedingt bleiben. Gesucht wird deshalb dringend ein Abnehmer für Paolo Guerrero, der inklusive Handgeld pro Jahr 4,6 Millionen Euro verdient.

Was hat es mit dem umstrittenen Beratervertrag auf sich?

Für 90.000 Euro plus Mehrwertsteuer schloss der Vorstand im Oktober einen Beratungsvertrag mit der renommierten Agentur FischerAppelt ab. Der neue Vorstand lässt den Vorgang derzeit prüfen. Mehrere Aufsichtsräte kritisieren den Vertrag scharf. Im Umfeld des Vereins kursiert sogar das Gerücht, die Agentur habe Abstimmungsergebnisse in HSV-Foren im Sinne Hoffmanns zu beeinflussen versucht. Agenturchef Bernhard Fischer-Appelt dementiert dies deutlich: "Wir haben keinerlei eigene Kommunikation in dieser Sache betrieben, weder der Presse gegenüber noch in Internet-Foren oder anderswo. Entsprechende Vorwürfe wurden und werden im Vorfeld von Aufsichtsratssitzungen gezielt lanciert, um dem alten Vorstand zu schaden. Diese Vorwürfe sind haltlos und absurd." Beraten habe man den Vorstand in "Kommunikationsfragen, insbesondere in Fragen des Vereinsprofils, der Markenführung und auch beim kommunikativen Umgang mit Top-Personalien."