Vor dem Duell beim FC Bayern München am Sonnabend bereitet Trainer Veh seinen eigenen Abgang nicht nur vor - er fordert ihn sogar.

Hamburg. Ginge es nach dem Unterhaltungsfaktor, wäre Armin Veh wohl noch lange Trainer beim HSV. Nach Niederlagen mit ungeschönten Analysen unterwegs, verbringt der 50-Jährige dabei keine Minute zu viel damit, das Leben zu ernst zu nehmen. Im Gegenteil: Armin Veh ist für die große Show verantwortlich. Ein Humorist unter den Bundesligatrainern. Wenn auch auf leise Art. Und so wunderte es auch niemanden, dass der HSV-Trainer gerade mal zwei Tage nach seiner verkündeten Vertragsauflösung zum Saisonende bei der Pressekonferenz seinen Humor wiedergefunden hatte. Schwarz gefärbt ob seines bevorstehenden Endes - aber eben großes Entertainment. Selbst wenn die Show wie diesmal auf die eigenen Kosten geht.

Denn lustig findet Veh die vorherrschenden Umstände lange nicht. Der sportliche Aspekt stehe seit Monaten nicht mehr im Vordergrund, hatte der Augsburger zuletzt kritisiert. Stattdessen würde der HSV im Strudel der Vereinspolitik großen Schaden nehmen. "Der Verein ist in großer Gefahr", warnte Veh sogar. Und er legte gestern noch mal nach: "Hier herrscht eine große Unsicherheit. Soweit ich weiß, wurde noch mit keinem Spieler gesprochen, wie es in der kommenden Saison weitergeht." Ein Seitenhieb in Richtung der schwer angeschlagenen Vereinsführung.

Immer wieder wird der Begriff "lame duck" in die Runde geworfen - die "lahme Ente", wie zwar entmachtete, aber offiziell noch immer im Amt befindliche Entscheidungsträger genannt werden. "Ich weiß nicht, ob ich das bin. Aber das kann sein", sagt Veh, der zugleich klar den Eindruck erweckte, dass er sich selbst schon längst ersetzt hätte. "Fußball ist ein laufender Prozess, da müssen ständig Entscheidungen her." Diese seien im Moment beim HSV allerdings gar nicht zu treffen, nachdem er geht und Vorstandsboss Bernd Hoffmann vom Aufsichtsrat entmachtet wurde. "Der HSV ist führungslos", hatte Veh am Dienstag kritisiert. Gestern legte er nach und forderte mit seinen theoretischen Überlegungen Hoffmanns sofortige Entlassung: "Entweder man verlängert Verträge oder eben nicht. Aber wenn man es nicht macht, dann brauchen sie auch einen Neuen, der sofort übernimmt." Ob das, was Veh auf Hoffmanns Entmachtung bezog, auch auf ihn und seine Position zu projizieren sei? Veh lächelt kurz und weicht aus: "Dazu habe ich meine Meinung. Aber die werde ich hier nicht kundtun."

Was soll er auch sagen? Als Angestellter des HSV ist er mit einem sehr gut dotierten Vertrag ausgestattet und weiß zugleich, dass hinter den Kulissen an seiner sofortigen Ablösung gewerkelt wird. Emotional ist Veh schon länger nicht mehr. "Ich gehe professionell an die Sache. Was soll ich auch sonst tun?" Auch Veh ist bekannt, dass Noch-Sportchef Bastian Reinhardt und Bald-Sportchef Frank Arnesen die Trainersuche seit Wochen eröffnet haben. Ralf Rangnick gilt dabei weiter als der absolute Wunschkandidat, Co-Trainer Michael Oenning als nicht mehr ausgeschlossene Übergangslösung bis Saisonende. Klar ist, dass der HSV nichts davon hält, die Saison mit Veh zu beenden. Eben so, wie es der Trainer zu sehen scheint. Maximal halbherzig verweist der HSV-Trainer auf Beispiele, bei denen es trotzdem funktioniert hat. Stattdessen mahnt er unbeirrt an, dass der Verein seine Entscheidungsträger für die Zukunft schnell finden müsse, um entsprechend wegweisende Entscheidungen zu treffen. Und dabei stellt Veh klar, dass er das nicht sein kann. "Ich helfe natürlich, wenn meine Einschätzung gefragt wird. Aber ich treffe hier keine Entscheidungen für die neue Saison", so der Trainer, der am Sonnabend in Louis van Gaal auf einen Trainer trifft, der sich seinerseits mit seinem Arbeitgeber auf eine Vertragsauflösung zum Saisonende geeinigt hat.

Zwei Trainer, deren Abschiede feststehen, treffen in einem tabellarisch für beide Klubs äußerst wichtigen Spiel aufeinander. Für den Rekordmeister geht es um die letzte Chance, noch den zweiten Tabellenplatz anzugreifen. Für den HSV ist es bei aktuell fünf Punkten Rückstand auf den Fünften, auf eben jenen FC Bayern, wohl die letzte Chance, die internationalen Ränge nicht schon vorzeitig zu verpassen. Auf die Frage, ob ihm seine Mannschaft in der wichtigen Situation noch folgen würde, antwortet Veh: "Das sagen sie mir natürlich nicht einfach so." Und während er die Lacher mal wieder sicher hat, legt er nach: "Aber ich weiß, was sie sagen, wenn ich nicht mehr da bin. Dann heißt es, der Neue würde viel mehr mit ihnen sprechen, taktisch klarere Vorgaben machen und besser trainieren." Vielleicht ja schon nach München. Nach Armin Vehs vermutlich allerletzter Show.