Aufsichtsrat Marek Erhardt erstattet Strafanzeige gegen unbekannt, Trainer Armin Veh hört beim HSV zum Ende der Saison auf.

Hamburg. Nach der geplatzten Vertragsverlängerung des Vorsitzenden Bernd Hoffmann droht die Situation beim HSV außer Kontrolle zu geraten. Weil er gegen den Klubchef votierte, hat HSV-Aufsichtsrat Marek Erhardt zwei telefonische anonyme Morddrohungen erhalten: "Die Anrufer sprachen mit verstellten Stimmen, richteten ihre Drohungen gegen meine Familie und mich", sagte der 41-jährige Schauspieler. Er habe sofort die Polizei alarmiert und Strafanzeige gegen unbekannt erstattet. "Mir wurde klargemacht, dass sie es ernst meinen."

+++ HSV-Aufsichtsrat Jürgen Hunke im Abendblatt-Interview +++

Zu Einzelheiten eines möglichen Polizeischutzes für Erhardt wollten sich die Behörden gestern nicht äußern. Dies kommentiere man schon mit Rücksicht auf die Wirksamkeit eventueller Maßnahmen nicht, sagte ein Polizeisprecher. Erhardt, der erst im Januar in das HSV-Gremium gewählt worden war, gehört zu den fünf Kontrolleuren, die sich gegen eine weitere Amtszeit Hoffmanns entschieden hatten. Seither werden Erhardt und seine Aufsichtsratskollegen in E-Mails beschimpft und bepöbelt. Dem ehemaligen HSV-Präsidenten Jürgen Hunke wurde angedroht, man werde ihm bald in einer dunklen Gasse auflauern.

"Die Grenzen des Zumutbaren sind deutlich überschritten worden", sagte HSV-Aufsichtsratschef Otto Rieckhoff. "Ich verurteile die öffentlichen Verleumdungen, Unterstellungen und Beleidigungen gegen einzelne Aufsichtsräte. Hier wird nicht nur versucht, mit Halb- und zum Teil mit Unwahrheiten die Integrität Einzelner zu beschädigen, sondern Einzelne auch noch durch persönliche Bedrohungen unter Druck zu setzen. Das ist nicht hinnehmbar. Das ist nicht Stil des HSV. Das hat in unserem Verein nichts zu suchen."

Mit einer baldigen Beruhigung im Fall Hoffmann ist nicht zu rechnen. Seine Unterstützer haben bereits eine Petition entworfen, um eine außerordentliche Versammlung zu erzwingen. Sie soll den amtierenden Aufsichtsrat stürzen. 6000 Unterschriften - zehn Prozent der stimmberechtigten Mitglieder des HSV - sind für die Einberufung einer solchen Versammlung notwendig, 1800 waren es bereits gestern Abend. Bedingung für die Abwahl eines Aufsichtsrats ist, dass zehn Prozent der 70 000 Mitglieder einen entsprechenden Antrag unterschreiben. Diesen muss die Versammlung mit einer Zweidrittelmehrheit billigen.

Eine Abstimmung gegen Armin Veh ist hingegen nicht mehr erforderlich. Der HSV-Trainer erklärte gestern seinen freiwilligen Rückzug zum Ende der Saison. "So etwas wie hier geht gar nicht", sagte der 50-Jährige, "du brauchst als Trainer eine Perspektive. Die sehe ich hier aber nicht."

Während Veh die restlichen Spiele auf der Bank sitzen darf, sieht Jürgen Hunke nun auch im Bereich des Vorstands Handlungsbedarf. Im Abendblatt-Interview forderte der Aufsichtsrat eine "saubere Lösung" und räumt mit der Auffassung auf, es habe zwei Lager bei der Einschätzung des Klubchefs gegeben: "Hoffmann galt nicht mehr als Kandidat. Schon im August hat ein kleiner Kreis mit Personalberatern nach Nachfolgern gesucht."