Der HSV-Trainer hört am Ende dieser Saison freiwillig auf: “Ich sehe hier keine Perspektive mehr.“ Der Verein stehe sich selbst im Weg, sagt der Fußball-Lehrer

Hamburg. In feinem Zwirn und - passend zum Anlass - in dunklen Tönen gekleidet, erschien Armin Veh am Mittag an der Imtech-Arena. Was er zu verkünden hatte, konnte nach den letzten Vorkommnissen nicht mehr überraschen. "Es wird so sein, dass ich nächste Saison nicht mehr hier bin", sagte der HSV-Trainer. Zwar läuft Vehs Zweijahresvertrag mit dem Hamburger Fußball-Bundesligaklub bis zum 30. Juni 2012, doch Verein und Trainer hatten die Option, das Arbeitsverhältnis nach einer Serie aufzukündigen.

Ursprünglich wollte sich der gebürtige Augsburger ein Hintertürchen offenlassen und erst nach einem persönlichen Gespräch mit dem künftigen Sportchef Frank Arnesen seine Zukunft festlegen. Doch für diese Unterhaltung sah Veh nach der Entmachtung des Vorstandsvorsitzenden Bernd Hoffmann und seiner Kollegin Katja Kraus keine Notwendigkeit mehr - und wurde in seiner Erklärung sehr deutlich: "So etwas wie hier geht gar nicht. Es geht hier nicht mehr um Fußball, so kann man nicht arbeiten. Du brauchst als Trainer eine Perspektive, die sehe ich hier nicht. Das ist eine gefährliche Situation, in der sich der Verein befindet. Eigentlich ist das hier ein geiler Klub. Es ist traurig, dass man sich selbst im Weg steht und nicht zu einer Einheit wird. Sonst wäre hier einiges möglich."

Dass im Sommer ein Umbruch beim HSV nötig sein würde, war allen klar, doch war damit vor ein paar Wochen in erster Linie die Mannschaft gemeint. Nun steckt der Verein in einer tiefen Krise: Hoffmann und Kraus müssen Ende des Jahres ihren Platz räumen, Noch-Sportchef Bastian Reinhardt ist ohne Entscheidungsgewalt, Demnächst-Sportdirektor Frank Arnesen erst im Juli da, der Aufsichtsrat steht unter massiver Kritik - und jetzt verlässt auch der Trainer den Verein am Saisonende. Den Aufsichtsrat hatte Veh nicht über seine Entscheidung in Kenntnis gesetzt. "Ich bin ja auch nie von denen über irgendetwas informiert worden", sagte Veh spitz.

Der Fußball-Lehrer hatte sich zuletzt wiederholt auch öffentlich für Hoffmann starkgemacht und sah den HSV nach der Verpflichtung Arnesens gut aufgestellt. Es würde keinen Sinn machen, einen Mann auszuwechseln, der so viel für diesen Verein geleistet habe und sich nun voll seiner Kernkompetenz im wirtschaftlichen Bereich widmen könne. Der Aufsichtsrat entschied bekanntlich anders. "Ich sehe den Verein in der momentanen Konstellation nur schwer handlungsfähig", legte der Coach nach und widersprach damit Aufsichtsratsboss Ernst-Otto Rieckhoff, der nach der Abwahl des Vorstandsduos mutmaßte, wieder "voll handlungsfähig" zu sein.

Somit ist die Situation eingetreten, die Veh zuvor immer als rein hypothetisch abgetan hatte: Er muss seine Spieler für die restlichen neun Bundesligapartien zu Höchstleistungen animieren, wobei diese jetzt genau wissen, dass sie im Sommer bei einem neuen Trainer oder einem anderen Klub ohnehin wieder bei null anfangen. "Das mag problematisch werden, da ich jetzt weniger Einfluss haben könnte", gibt der 50-Jährige zu. "Doch ich glaube daran, dass ich in dieser Mannschaft bis zum Ende etwas zu sagen habe." Einen Rücktritt vor Saisonende schloss er dementsprechend aus - Stand jetzt. Doch würde sich die Situation im Falle einer deutlichen Niederlage beim kommenden Bundesligaspiel in München am Sonnabend ändern? "Das ist rein hypothetisch", wiegelte Veh ab.

In der Tat ist der Nord-Süd-Schlager von immenser Bedeutung. Bei einer Niederlage hätte der HSV acht Punkte Rückstand auf die Bayern und mindestens sechs Punkte Rückstand auf Platz fünf, der zur Teilnahme an der Europa League berechtigt. Das wäre kaum noch aufzuholen. Zudem ist die Begegnung besonders pikant, da bei den Bayern - was den Trainer betrifft - nach der vorzeitigen Vertragsauflösung Louis van Gaals zum Saisonende eine ähnliche Situation vorliegt wie in Hamburg. Veh wurde zuletzt sogar als möglicher Nachfolger van Gaals ins Gespräch gebracht - und gab den Gerüchten überdies Nahrung. "Meine Aussage vom Dezember, der HSV sei meine letzte Trainerstation in Deutschland, muss ich noch mal überdenken."