Gegen den 1. FC Nürnberg will der HSV das dritte Spiel in Folge ohne Gegentor bleiben. Doch nicht nur die Abwehr verdient Lob und Anerkennung.

Hamburg. Eigentlich war es eine sichere Wette, die der Reporter von "Radio Energy" Abwehrspieler Heiko Westermann vor dem Schalke-Spiel anbot: Zehn Euro darauf, dass der HSV nicht ohne Gegentor bleibt. Denn das war dem Klub bis dahin zuletzt im Oktober 2010 beim 0:0 gegen die Bayern und überhaupt erst zweimal in dieser Saison gelungen. Doch der Kapitän schlug ein und konnte sich nach dem 1:0-Auswärtssieg über ein kleines Zubrot freuen. Eine Woche später wiederholten die Hamburger dieses Resultat gegen Frankfurt - die Null steht wieder beim HSV. Und sollte es an diesem Sonnabend in Nürnberg (15.30 Uhr, Liveticker auf abendblatt.de) erneut ohne Gegentor ausgehen, müssen Statistiker schon in die Saison 2006/07 zurückblicken, um Vergleichbares zu finden. Damals hielt der HSV sein Tor sogar vier Spiele in Serie sauber.

Das Beeindruckende waren jedoch nicht die blanken Ergebnisse der Rückrundenspiele, sondern die Art und Weise, wie die weiße Weste bewahrt wurde. Torwart Frank Rost musste nicht mit Paraden am laufenden Band hinter einer wankelmütigen Abwehr retten. Im Gegenteil, der Schlussmann verlebte sogar außergewöhnlich ruhige 180 Minuten. Ganze drei Torchancen ließen seine Vordermänner auf Schalke zu, gegen die Eintracht wurde es nur zweimal im eigenen Strafraum brenzlig.

Die Gründe sind vielschichtig. Westermann entwickelt sich langsam zu dem Abwehrboss, auf den die Verantwortlichen bei seiner Verpflichtung gehofft hatten. Aushilfsverteidiger Gojko Kacar erledigt seine Aufgabe für eine Aushilfe sehr souverän. Zudem kehrte mit dem lange Zeit verletzten Dennis Aogo ein vermisster Stabilisator in die HSV-Abwehr zurück, der sich seiner Bestform annähert. "Ich bin körperlich wieder auf einem guten Level, nahezu schmerzfrei. Es ist einfach schön, wieder laufen zu können, ohne dass es überall zwickt", sagt der Linksverteidiger. Die Viererkette wird gegen den "Club" das dritte Mal in Folge in derselben Formation spielen, da sich der zuletzt grippekranke Guy Demel wieder gesundgemeldet hat. Doch die neue Kompaktheit hat, so Aogo, noch ganz andere Gründe: "Die offensiven Spieler haben einen großen Anteil an der neuen Defensivstärke. Wenn man sieht, wie ein Änis Ben-Hatira nach hinten ackert und die Außenspieler immer mit zurückgehen, macht das die Arbeit für die Viererkette natürlich einfacher."

Voraussetzung für dieses erhöhte Arbeitspensum ist eine 100-prozentige Fitness. Armin Veh lässt in der Rückrunde länger und intensiver trainieren, ab und an auch zweimal am Tag. Der im Winter verpflichtete Konditionstrainer Günter Kern scheucht die Spieler nach den Einheiten oft noch mit der Stoppuhr bewaffnet in Diagonalläufen über den Platz. Das zahlt sich offensichtlich aus - und die gute läuferische Verfassung sollte auch gegen die Nürnberger zum Faustpfand werden.

Denn die mussten sich am Dienstag im DFB-Pokal gegen Schalke 120 Minuten lang aufopfern, zudem das Ausscheiden in letzter Minute verkraften. "Das muss kein Vorteil für uns sein, oft gibt es nach so einem Rückschlag auch eine 'Jetzt erst recht'-Mentalität in einer Mannschaft", befürchtet Angreifer Mladen Petric, der erneut auf der Bank Platz nehmen muss. Schalkes Trainer Felix Magath war überrascht vom energischen Auftreten der Franken. "So stark hätte ich sie nicht erwartet", sagte der Coach, und auch Aogo war vom Pokal-Auftritt des kommenden Kontrahenten angetan. "Im Hinspiel stand Nürnberg fast nur hinten drin, doch jetzt hat man gesehen, dass sie auch Pressing spielen können."

Doch der Ausfall der beiden Mittelfeldstrategen Ilkay Gündogan (Mittelfußquetschung) und Mehmet Ekici (Gelbsperre), die insgesamt an zwölf von 23 Toren ihres Teams direkt beteiligt waren, hinterlässt im Nürnberger Mittelfeld eine große Lücke. Mit Per Nilsson und Mike Frantz sind zudem noch zwei weitere Stammspieler verletzungsbedingt nicht im Kader.

Gute Voraussetzungen also, um den vierten Sieg in Folge einzufahren. Für Kapitän Westermann, der aus dem Fränkischen stammt, ohnehin keine Frage. "Ich habe in meiner Jugend und meinen ersten Profijahren bei Greuther Fürth immer gut gegen den FCN ausgesehen - und ich weiß keinen Grund, warum sich das jetzt ändern sollte."