Ein Kommentar von Alexander Laux

Auf den ersten Blick ist es nur eine kleine Wahl. Die HSV-Basis darf bei der Mitgliederversammlung nur vier von zwölf Aufsichtsratsposten neu besetzen. Da der "Wahlkampf" im Vorfeld verhalten ausfiel, werden wohl weit weniger als die 4900 Mitglieder, die 2008 acht Kontrolleure zu wählen hatten, ins CCH strömen. Dabei müssten eigentlich so viele HSVer wie nie zuvor erscheinen, schließlich gilt es, die nicht beendete Führungskrise des Klubs zu beenden - die auch durch die Räte selbst verursacht wurde.

Der Aufsichtsrat hat in den vergangenen zwei Jahren weder beim Zerwürfnis zwischen den Vorständen Bernd Hoffmann und Dietmar Beiersdorfer noch bei der unendlichen Suche nach einem neuen Sportchef seine Aufgabe kompetent wahrgenommen. Wenn Horst Becker, ein Ur-HSVer, entnervt freiwillig sein Amt als Aufsichtsratsvorsitzender aufgibt, weil er sich im Stich gelassen fühlt, spricht das Bände über die Zerrissenheit innerhalb des Gremiums. Und wenn Aufsichtsräte erst kurz vor der Abstimmung vom Kühne-Investorenmodell erfahren, zeigt das schmerzhaft, dass sie in diese bedeutsame Entscheidung so gut wie nicht eingebunden waren.

Die Mitglieder müssen ein feines Gespür beweisen, aus dem Kandidatenkreis diejenigen Personen herauszufiltern, die wirklich Ahnung vom Fußballgeschäft haben oder diese bei anderen Mitgliedern vorhandene Kompetenz sinnvoll ergänzen können. Denn bei aller Betonung des Universalsportvereinsgedankens: In erster Linie ist der HSV ein Fußballverein und von klugen getätigten Transfers und einem guten Abschneiden in der Liga abhängig. Deshalb braucht der Vorstand kluge sportliche Beratung. Wirtschaftswissen allein reicht eben nicht, um zu verhindern, dass ein Verein noch 20 Millionen Euro an Transferforderungen bis 2013 zu begleichen hat.

Was der HSV in der nahen Zukunft braucht, sind konzeptionelles und ein professionelles Arbeiten in einem Aufsichtsrat, in dem jeder Einzelne wirklich zur Zusammenarbeit bereit ist und auch regelmäßig an Sitzungen teilnimmt. Schließlich stehen viele richtungweisende Entscheidungen an wie die Verlängerung oder Kündigung des Vermarktervertrags.

Nicht zuletzt aber ist der Aufsichtsrat mit einem neuen Vorsitzenden, der wohl entweder Jörg Debatin oder Eckhart Westphalen heißen wird, gefordert, zur Umsetzung der hohen Vereinsziele für einen starken, handlungsfähigen Vorstand zu sorgen. Umgekehrt heißt das aber auch, dass Bernd Hoffmann, Katja Kraus und Sportchef Bastian Reinhardt die neuen Kontrolleure mit ihren Vorschlägen überzeugen müssen, sonst haben sie keine Zukunft mehr beim HSV. Nein, hier findet keine kleine Wahl statt, sondern eine große.