Beim Präsidentengipfel warf Wolfgang Klein dem HSV-Boss Fußballahnungslosigkeit vor

Hamburg. Horst Becker fehlte wegen seiner Hüftoperation, war nur telefonisch zugeschaltet, bei Uwe Seeler musste ein Eingriff an der Wirbelsäule vorgenommen werden als Folge seines Autounfalls im April 2010. Doch auch ohne diese beiden HSV-Bosse war der von NDR 90,3 organisierte Präsidentengipfel drei Tage vor der Mitgliederversammlung am Sonntag im CCH (ab 11 Uhr) hochkarätig besetzt. Die vier ehemaligen Präsidenten Peter Krohn, Wolfgang Klein, Jürgen Hunke und Ronald Wulff diskutierten mit Amtsinhaber Bernd Hoffmann.

Der Vorstandsvorsitzende musste sich dabei zum Teil heftige Kritik gefallen lassen. Klein wiederholte seine schon im Abendblatt geäußerte Schelte, nachdem bekannt geworden war, dass noch 20 Millionen Euro an Transferentschädigungen in den kommenden Jahren fällig werden: "Sie haben genauso viel beziehungsweise wenig Ahnung wie ich vom Fußballsport. Sie haben den Aufsichtsrat gelenkt und nach dem Abgang von Dietmar Beiersdorfer, obwohl Sie kein Fußballfachmann sind, viele Fehlentscheidungen getroffen, woran der Verein heute leidet."

Hoffmann widersprach: Wir haben in sieben Jahren rund 80 Europacup-Spiele absolviert, es allerdings versäumt, den letzten Schritt zu machen mit einem Europapokal-Finale. Die Summe der Fehlentscheidungen ist nicht höher und nicht niedriger als in den vergangenen 50 Jahren."

Auch von Hunke gab es Kritik: "Der HSV leidet an strukturellen Problemen. Der Aufsichtsrat hat die Funktion, die Ziele des Klubs vorzugeben, war aber zu stark von Bernd Hoffmann dominiert." Und: "Seit zwei Jahren wurde der HSV weniger wie ein Verein, weniger mit Herz, Leidenschaft und Begeisterung, stattdessen eher wie eine Finanzholding geführt." Krohns Replik folgte sofort. Vehement bestritt er diese Ansicht: "Jürgen, komm doch bitte mal ins Fanhaus in der Stresemannstraße, dort wird mit Leidenschaft über den HSV diskutiert. Der Klub blüht und gedeiht als Universalsportverein." Unverständnis erntete auch Trainer Armin Veh, der vor der Weihnachtspause mit seinem Abschied kokettierte: "Ich kann nicht nachvollziehen, dass er sich so weit aus dem Fenster lehnt bei dieser Punkteausbeute", sagte Wulff, der aktuell auch im Aufsichtsrat sitzt. "Ich als Präsident hätte meinen Trainer in solch einem Fall nicht gestützt."

Wulff äußerte aber auch Selbstkritik: "Nach Dietmar Beiersdorfer fehlte gute sportliche Kompetenz, die die Zügel in die Hand nimmt und Trainer und Mannschaft führt. Hier haben wir als Aufsichtsrat versagt." Nach den Worten von Klein fehlt diese Führung trotz Bastian Reinhardt noch immer: "Es ist dringend erforderlich, einen starken Sportchef zu finden, der auch über die entsprechenden Vollmachten verfügt." Hoffmann erklärte, der HSV tue sich mit der Unruhe keinen Gefallen.