Unternehmensberater Joachim Pawlik über Methoden, einen Bundesliga-Klub zu führen

Hamburg. Wie beurteilt ein Unternehmensberater die Situation von HSV-Boss Bernd Hoffmann? Joachim Pawlik, 45, spielte in der Saison 1985/86 beim FC St. Pauli in der 2. Bundesliga und kennt das Geschäft. Seit 1997 ist er Vorstandsvorsitzender der Hamburger Pawlik Sales Consultants AG mit 60 Mitarbeitern.

Hamburger Abendblatt:

Wie ernst kann man einen HSV-Boss nehmen, den Radio Hamburg jeden Freitag mit einer eigenen Comedy-Sendung veräppelt?

Joachim Pawlik:

Sehr ernst. Die Tatsache, dass sich Radiosendungen oder Internet-Blogs mit seiner Person beschäftigen, zeigt nur, dass er Dinge bewegt, und nicht, dass ein Radiosender oder ein Blogger einen besseren HSV-Präsidenten abgeben. Wer vorangeht, erhält auch mal Gegenwind.

Ist langfristige Arbeit in einem so erfolgsdurstigen Geschäft möglich?

Pawlik:

Ja. Aber es ist schwer und man benötigt ein klares Konzept, welches die handelnden Personen der Öffentlichkeit und Mannschaft vermitteln können. Zudem braucht es Durchhaltevermögen und einen starken Charakter. Nehmen Sie die Beispiele SC Freiburg oder FSV Mainz 05: Beide Vereine verfolgen seit Jahren kontinuierlich ihren Weg und sind über die Zeit mit bescheidenen Mitteln sehr erfolgreich. Auch Borussia Dortmund ist ein gutes Beispiel: Aus einer finanziell für den Verein bedrohlichen Situation hat sich der Verein über die Jahre herausgearbeitet und dank eines klaren Konzepts ein neues, tragfähiges Fundament entwickelt.

Hemmt die Abhängigkeit von Zufällen in spielentscheidenden Situationen nicht die unternehmerische Planung?

Pawlik:

Sportliche Unwägbarkeiten machen zwar mal einen Unterschied aus. Aber ein gutes Konzept und langfristige Arbeit bringen diese Dinge nicht aus dem Gleichgewicht. So ist Dortmund in der letzten Saison durch ein Abseitstor des HSV in der 89. Minute aus den Europacup-Rängen gerutscht. Und heute ist Borussia mit Abstand Herbstmeister und spielt eine herausragende Saison. Wenn man etwas langfristiger plant, bringen auch Papierkugeln ein gutes Konzept nicht aus dem Gleichgewicht.

Sind Fußballvereine überhaupt wie Unternehmen zu führen?

Pawlik:

Das geht nur so. Selbstverständlich hat das Geschäftsmodell seine ganz speziellen Besonderheiten, aber die gilt es mit ins Kalkül zu ziehen. Das Produkt ist Fußball, also muss die Führung auch etwas von Fußball verstehen. Dass das geht, zeigen Vereine, die langfristig unternehmerischen Sachverstand und Fußball-Know-how verbinden. Der FC Bayern München ist da sicherlich das Paradebeispiel.

Wie finden Sie, dass Bernd Hoffmann weniger als die Hälfte von einem Ersatzspieler wie Guerrero verdient?

Pawlik:

Prinzipiell ist das in Ordnung. Ich erinnere daran, dass ein Schauspieler auch mehr verdient als der Regisseur oder Produzent. Grundsätzlich ist es aber so, dass man für höhere Gehälter auch stärkere Persönlichkeiten bekommt. Und in Phasen wie diesen sind sehr starke Persönlichkeiten gefragt.

Ist es in der jetzigen Situation, wo die Fans ihre Wut gegen den HSV-Vorstand richten, ratsam, dass der Präsident zur Mannschaft spricht? Oder soll er das dem Trainer allein überlassen?

Pawlik:

Wenn ein Trainer überfordert ist und die Situation nicht in den Griff bekommt, dann muss der Vorstand handeln. Da ist die Ansprache des Präsidenten ein probates Mittel. Gerade weil sich ein Großteil der Kritik auch gegen das Konzept des Vorstands richtet.