Morgen spielt das frühere HSV-Talent Sidney Sam mit Bayer Leverkusen in Hamburg vor - nach starken Leistungen ist auch der DFB interessiert.

Hamburg. Wenn er leichtfüßig und technisch versiert mit seinen Tempodribblings die Gegenspieler wie Slalomstangen umkurvt, von der rechten Seite nach innen zieht und aufs Tor schießt, muss jedem HSV-Fan das Herz bluten. Sein Name steht in Hamburg für die viel zu oft unerfüllte Sehnsucht, ein Talent aus der Jugend so zu fördern, dass es sich zu einer Spitzenkraft in der Bundesliga entwickelt.

Dass Bayer Leverkusen, am Sonnabend (15.30 Uhr/im Liveticker auf abendblatt.de) der Gegner des HSV in der Imtech-Arena, auswärts mit fünf Siegen und zwei Remis noch unbesiegt blieb, war auch ein Verdienst von Sidney Sam, der in seinen zwölf Ligaeinsätzen fünf Treffer und eine Torvorlage beisteuerte. "Es war nur eine Frage der Zeit, bis er sich akklimatisieren würde", sagt Trainer Jupp Heynckes, "sein Talent zu erkennen, war nicht allzu schwer. Mit seiner Spielweise ähnelt er Bayern Münchens Arjen Robben." Und diese Typen sind bekanntlich sehr rar - und entsprechend begehrt.

Der HSV ließ gleich zweimal die Gelegenheit verstreichen, den heute 22-Jährigen, der am Rhein nur "Sid" gerufen wird, zu einem festen Bestandteil des Profikaders zu machen: Nachdem der gebürtige Kieler 2004 als 16-Jähriger nach Hamburg gekommen war, schaffte er bis 2008 gerade mal vier Einwechslungen in der Bundesliga, weshalb ihn der Klub für zwei Jahre an den damaligen Zweitligisten Kaiserslautern verlieh. In seiner zweiten Saison sorgte Sam mit zehn Toren und sieben Vorlagen für den Aufstieg der Pfälzer. Bei Heynckes stand der nur 1,74 Meter kleine Mittelfeldspieler auf dem Notizzettel, seit er beim 3:2 des FCK im Pokal gegen Leverkusen brillierte.

Dass der HSV ihn im Sommer für 2,5 Millionen Euro Ablöse nach Leverkusen ziehen ließ, hatte vor allem sportliche Gründe. Mit Eljero Elia, Marcell Jansen, Jonathan Pitroipa, Heung Min Son, Piotr Trochowski und dem langzeitverletzten Romeo Castelen - auch Mladen Petric war anfangs noch auf Außen eingeplant - schien der HSV üppig bestückt. Die Klubführung hatte aber auch Zweifel, Sam nach seiner "Vorgeschichte", wie es Sportchef Bastian Reinhardt nebulös formulierte, wieder in den Klub einzugliedern. Eine Anspielung auf angeblich nicht immer vorbildhaftes Verhalten während Sams Zeit im HSV-Internat in Norderstedt.

Bei Bayer beschützt man den noch zuweilen etwas naiven Jungstar vor der Öffentlichkeit. Als "wichtige Lehrjahre" ordnet Sam seine Zeit beim HSV ein. Für ausführliche Interviews stand er diese Woche nicht zur Verfügung.

Wenn er am Sonnabend wieder im rechten Mittelfeld eingesetzt wird, was zu erwarten ist, trifft Sam auf Dennis Aogo, der "nach drei Tagen massiven Muskelkaters" (Aogo) zu seinem zweiten Saisoneinsatz kommt. Sam hat Aogo nur kurze Zeit kennengelernt. Zu Beginn der Saison 2008/09, unter Trainer Martin Jol, mussten beide Reservisten, deren Dienste unerwünscht waren, mit Co-Trainer Ricardo Moniz Einheiten abseits der Mannschaft absolvieren. Zwei Jahre später hat Aogo mit der deutschen Nationalmannschaft Bronze bei der WM gefeiert, während der frühere Juniorennationalspieler Sam in den Fokus von Joachim Löw gerückt ist. Wenn das keine Entwicklung ist.

Armin Veh lässt heute (16 Uhr) in der HSV-Arena unter Ausschluss der Öffentlichkeit trainieren.