Der Schwede Marcus Berg, derzeit von Hamburg an Eindhoven verliehen, spricht vor dem Länderspiel über das DFB-Team und sein Jahr beim HSV.

Eindhoven. Heute (20.30 Uhr/ARD) trifft Marcus Berg mit Schweden in Göteborg auf die deutsche Nationalmannschaft. Kurz vor dem Duell empfing der nach Eindhoven verliehene HSV -Profi das Abendblatt in seiner neuen Wahlheimat in den Niederlanden. Der Nationalstürmer bot etwas zu trinken an und bestellte sich selbst einen schwarzen Tee.

Abendblatt:

Herr Berg, freuen Sie sich im Rahmen des Länderspiels auf ein Wiedersehen mit einigen Bekannten aus der Bundesliga?

Marcus Berg:

Klar. Aber das wird kein Kaffeeklatsch. Spiele gegen Deutschland sind für jeden Fußballer etwas Besonderes. Für mich ist Deutschland der EM-Favorit.

Auch Schweden war immer eine Fußballnation. Was darf man von Ihrer Mannschaft im Hinblick auf die EM 2012 erwarten?

Berg:

Zumindest die Qualifikation. Es hat mich schon sehr geärgert, dass wir nicht in Südafrika dabei waren.

Früher spielten traditionell immer viele Schweden in der Bundesliga. Warum hat sich das geändert?

Berg:

Für viele Schweden ist ein direkter Wechsel nach Deutschland vielleicht eine Nummer zu groß, sie versuchen es erst einmal über den Umweg einer kleineren Liga wie der holländischen Eredivisie ...

... so, wie Sie es ja auch gemacht haben. Trotzdem haben Sie sich zunächst beim HSV nicht durchgesetzt. War es ein verlorenes Jahr?

Berg:

Nach der Saison war niemand von uns zufrieden. Wie so häufig in den vergangenen Jahren beim HSV hatten auch wir große Möglichkeiten, standen am Ende aber wieder mit leeren Händen da. Für mich war es mit Sicherheit kein einfaches Jahr, aber auch daraus lernt man.

War der Druck zu groß, nachdem sich Ihre Sturmkollegen Paolo Guerrero und Mladen Petric verletzt hatten?

Berg:

Der Druck war schon sehr groß, aber das ist ja auch ganz normal in einer Profimannschaft. Stürmer brauchen Vertrauen, das sieht man jetzt ja auch bei Bayern Münchens Mario Gomez. Der spielte monatelang keine Rolle, und dann hat es plötzlich klick gemacht.

Warum hat es bei Ihnen in Hamburg nie klick gemacht?

Berg:

Bei mir muss alles stimmen, damit ich gute Leistungen bringe. Ich muss mich privat wohlfühlen, ich muss mich in der Mannschaft wohlfühlen, und ich muss vom Trainer das Gefühl bekommen, wichtig zu sein. Der Trainer muss mir sagen, was ich schlecht mache, aber auch, was ich gut mache.

Und welcher Faktor stimmte in Hamburg nicht?

Berg:

Privat und in der Mannschaft habe ich mich jedenfalls gut gefühlt.

Aber mit Labbadia hat es nicht gefunkt?

Berg:

Ich habe Respekt vor ihm, aber irgendwie hat es mit ihm nicht gepasst. Er hat kaum mit mir gesprochen. Ich wusste nie so recht, woran ich bei ihm bin.

Warum sind Sie nicht mal zu ihm gegangen und haben nachgefragt?

Berg:

Ich bin ganz einfach nicht der Typ, der ständig zum Trainer läuft und irgendwas besprechen will. Trotzdem hätte ich mir gewünscht, dass Labbadia auch mal mich anspricht. Wahrscheinlich bin ich ein Spieler, der sich ziemlich viele Gedanken macht. Gerade deswegen ist ein Trainer, der alles in geordnete Bahnen lenkt, so wichtig.

Hat Labbadias Nachfolger Armin Veh mal mit Ihnen gesprochen?

Berg:

Nein, nicht wirklich.

Sind Sie ein Sensibelchen?

Berg:

Kann schon sein. Wahrscheinlich bin ich schon ein bisschen sensibel. Ich mache mir eben Gedanken. Ich kenne Spieler, die interessiert es überhaupt nicht, was in den Zeitungen über sie steht oder was die Leute von ihnen denken. Aber ich bin eben anders. Und wenn ich mir zu viele Gedanken mache, dann verkrampfe ich.

In Hamburg mussten Sie sehr viel Kritik ertragen. Wenn Sie schon nicht mit dem Trainer gesprochen haben, mit wem haben Sie sich dann ausgetauscht?

Berg:

Ich verarbeite vieles alleine. Ansonsten ist mein Bruder, der ja selbst Fußballer ist, für mich ein wichtiger Ansprechpartner. Und manchmal redet man auch mit dem einen oder anderen Spieler, mit dem man sich versteht. Beim HSV habe ich immer viel mit David Jarolim geredet.

Ist es schwierig, echte Freunde in einem Profiteam zu finden?

Berg:

Das kommt immer drauf an. Hier in Eindhoven habe ich sehr schnell ein paar Freunde gefunden. Ich mochte auch meine Kollegen beim HSV, aber irgendwie ist es hier lockerer. Hier ist es ganz normal, dass wir auch nach dem Training zusammen rumhängen. Das war in Hamburg nicht immer so.

War der Wechsel nach Eindhoven so gesehen ein Glücksfall für Sie?

Berg:

Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung. Allerdings gab es da auch keine große Wahlmöglichkeit. Bastian Reinhardt hat mir von dem Angebot Eindhovens berichtet und mir ein Ausleihgeschäft nahegelegt. Natürlich hätte ich auch Nein sagen können, aber die Konkurrenz in Hamburg war groß.

Wollen Sie in Eindhoven nun Spielpraxis sammeln, um in der kommenden Saison noch mal in Hamburg anzugreifen, oder wollen Sie sich für ein längeres Engagement beim PSV empfehlen?

Berg:

Ich habe in Hamburg einen Vertrag unterzeichnet, den ich erfüllen will. Ich will das Jahr in Eindhoven nutzen, um gestärkt zurückzukehren. Es bleibt mein Traum, mich beim HSV durchzusetzen. Es hat einen Grund, dass ich meine Hamburger Wohnung nicht so einfach aufgegeben habe.