Der HSV gewinnt 1:0 und beendet die Mainzer Siegesserie. Erstmals seit dem zweiten Spieltag wagen die Hamburger wieder den Blick nach oben.

Mainz. Bevor Armin Veh den prallgefüllten Presseraum im Mainzer Bruchwegstadion am Sonnabend verlassen konnte, musste er noch einen tätlichen Angriff auf seine Person über sich ergehen lassen. Von hinten griff plötzlich eine Hand nach Vehs Schulter und brachte den HSV-Trainer zum anhalten. "Junger Freund", sagte der lächelnde Angreifer, "ich bin fix und fertig. Vielen Dank für dieses Spektakel."

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Mit "Spektakel" waren die vorangegangenen 90 Minuten gemeint, in denen der HSV und der FSV Mainz 05 den 20 300 Stadionbesuchern ein Spiel mit Chancen hüben wie drüben, wie es so schön im Kommentatorendeutsch heißt, geboten hatten. Ganz nebenbei sorgten die Gäste durch den späten 1:0-Sieg auch noch für die erste Saisonniederlage der Mainzer überhaupt, was den "älteren Freund" nicht hinderte, seine Hochachtung Veh persönlich zu übermitteln. Und Hamburgs Trainer durfte sich mit Fug und Recht geschmeichelt fühlen, war der "Schultergrabscher" kein geringerer als Mainz-Präsident Harald Strutz. "Es war ein intensives Spiel, das auch 2:2 hätte ausgehen können", sagte Veh, der die verbalen Blumen umgehend an die Gastgeber zurück gab: "Mainz spielt richtig guten Fußball. Es ist kein Zufall, dass sie sieben Spiele in Folge gewonnen hatten."

Endlich blieben die Hamburger in dieser Saison ohne Gegentor

Dass es aber nach 90 nicht hochklassigen aber abwechslungsreichen Minuten zu keinem rekordträchtigen achten Startsieg für Mainz reichte, lag vor allem daran, dass nicht nur die Mannschaft von Trainerüberflieger Thomas Tuchel guten Fußball bot. Auch Vehs Mannschaft ließ von Anfang an keine Zweifel daran aufkommen, ihren Anteil am Spitzenspiel des Wochenendes, das sogar in Brasilien mit Interesse verfolgt wurde, beizutragen. "In der ersten Halbzeit boten wir die bislang besten 45 Minuten der Saison", sagte der ansonsten eher zurückhaltende Heiko Westermann, der mit Abwehrkollege Joris Mathijsen großen Anteil an der angesprochenen Saisonbestleistung hatte. Erstmals blieb die Hamburger Defensivabteilung in dieser Spielzeit ohne grobe Abwehrschnitzer und folglich auch ohne Gegentor. Die in den vergangenen Wochen so gelobte Mainzer Offensive kam zwar immer wieder zu Chancen, scheiterte aber spätestens am herausragenden Torhüter Frank Rost.

Nachdem Veh gleich auf ein halbes Duzend Verletzter verzichten musste, machte der HSV-Trainer aus der Not eine Tugend. Erstmals in dieser Saison setzte Veh auf eine 4-4-2-Taktik mit einer sogenannten Raute im Mittelfeld - Tomas Rincon spielt zentral defensiv, Piotr Trochowski zentral offensiv. "Wenn man keine Außenspieler mehr zur Verfügung hat, muss man eben das System ändern und die Mitte dicht machen", sagte Veh bei seinem Auftritt im "Aktuellen Sportstudio", der ähnlich erfolgreich verlief wie das Spiel zuvor.

Für Strutz' spätere Fix-und-Fertig-Erschöpfung sorgte aber nicht nur die ausgelassenen Möglichkeiten auf der einen Seite, sondern vor allem die kurz vor Schluss verwandelte Chance auf der anderen Seite. Zé Roberto hatte den hüftsteifen Bo Svensson an der Grundlinie umtanzt und auf den einschussbereiten Paolo Guerrero zurück gepasst. "Ich wusste, dass der Pass von Zé kommen würde", sagte der Torschütze später, "jetzt wollen wir in der Tabelle weiter nach oben klettern." Ähnliche Aussagen wurden zuletzt nach den beiden Auftaktsiegen gegen Schalke und Frankfurt in die Blöcke diktiert.

Bereits am kommenden Freitag dürfte sich zeigen, ob dieser HSV tatsächlich schon reif ist für einen langfristigen Gipfelsturm. Denn nach dem Sieg beim Tabellenführer a.D. folgt nun die Partie gegen den Deutschen Meister Bayern München. Und trotz der geglückten Generalprobe scheinen Zweifel erlaubt. "Wir sind noch nicht da, wo wir hin wollen", grätschte Trochowski rüde in den allgemeine Jubel hinein, "wir lassen noch zu viele Chancen zu."

Tatsächlich hätte die Partie in Mainz auch ganz anders ausgehen können. "Es war ein Spiel auf der Rasierklinge", sagte Sportchef Bastian Reinhardt, der als entscheidenden Faktor die "größere Entschlossenheit" der Hamburger ausmachte. Eine Entschlossenheit, die auch in den kommenden Wochen für weitere Erfolgserlebnisse sorgen soll. "Für das Selbstvertrauen war dieser Sieg ganz wichtig", sagte Zé Roberto, "wir wollen jetzt unbedingt weiter nach oben kommen."