HSV-Profi Collin Benjamin war als einziger Spieler schon bei den Derbys 2001/2002 dabei. Er weiß, dass dieses Spiel etwas besonderes ist.

Hamburg. Collin Benjamin hatte keine Chance. Er kam um das Versprechen nicht herum. "Sie waren brutal", sagt er. "Sie haben nicht locker gelassen. Ich musste ihnen einfach garantieren, dass wir das Derby am Sonntag gewinnen." Sie, das sind die fußballbegeisterten Kindergartenfreunde seines dreijährigen Sohnes Zurique im Hort in Niendorf. Denn ansonsten, sagt der 32-jährige HSV-Profi, "müsste ich mir etwas ausdenken".

Collin Benjamin ist der einzige aktuelle Hamburger Fußballprofi, der weiß, wie sich ein Derby anfühlt. Er stand in den beiden letzten Stadt-Duellen in der Saison 2001/2002 auf dem Platz. Er ist der letzte Zeuge der letzten Derbys. Zweier Spiele, die ihn zum Profi machten, wie er sagt. "Das Hinspiel haben wir 4:3 gewonnen", erinnert sich der Namibier, "und ich habe gegen meinen Freund Cory Gibbs gespielt." Leider, fügt er hinzu, "habe ich ihn fußballerisch quasi zerstört. Er fragte mich damals, warum ich das mache. Denn ich habe echt super gespielt, ein Tor erzielt, ihn ganz schlecht aussehen lassen und mich von dem Tag an erstmals als Vollprofi gefühlt." Verstärkt wurde diese Emotion noch durch die Tatsache, dass der Mittelfeldspieler kurz zuvor für das Regionalligateam des HSV im "kleinen Derby" aufgelaufen war.

Benjamin verbindet mit dem Hamburger Stadtderby den Olymp seines Schaffens. "Von den Jungs zu den Big Boys", freut er sich, "damals hätte ich tot umfallen können, etwas Größeres und Schöneres gab es für mich nicht." Zwei Jahre im Hamburger Amateurfußball hatten ihn damals zum Hamburger Jung gemacht, wie er heute sagt, "und ich wusste, wie wichtig so ein Derbysieg war. Das verbunden mit einem eigenen Tor (in der 33. Minute zum 3:0, Red.) war sozusagen meine Adelung für einen HSV-Profi".

Heute ist "Sir Collin" allerdings - wie sein Freund Benedikt Pliquett beim FC St. Pauli - nur noch Reservist. Ein Zustand, den er mit Fassung trägt. Er habe Geduld und wisse, dass er noch mal eine Chance erhalte, ehe sein Vertrag zum Saisonende hin ausläuft. Selbst wenn er es nicht mehr schaffe, sein Knie vielleicht sogar nicht mehr halten würde, wäre er ein glücklicher Mensch mit großen Plänen für die Karriere nach der Profizeit. Allerdings, vor diesem ersten Pflichtspiel-Derby seit acht Jahren, verliert selbst er für einen Moment die Fassung. "Das ist echt Mist, Mann", schimpft Benjamin, "ich muss diese Woche im Training mal durchdrehen und richtig was zeigen."

Schließlich will Benjamin, der in den ersten drei Bundesligaspielen dieser Saison noch nicht zum Einsatz kam, seine Wettschuld persönlich einlösen. Vor den Augen seiner Frau, die das ihm zugestandene Ticket erhält. Und für seine Kinder, "damit sie im Kindergarten keine Probleme bekommen", lacht Benjamin.