Der 18 Jahre junge HSV-Aufsteiger Heung Min Son brach sich nach seinem Tor gegen Chelsea den linken Fuß - und fällt acht Wochen aus.

Hamburg. Es war der einzige Moment seit jener 88. Spielminute, die schmerzfrei schien. Den 2:1-Siegtreffer gegen Chelsea hatte der 18-jährige HSV-Nachwuchsstar Heung Min Son als Bewerbung eingereicht - und erhielt nach der Partie den Zuschlag. "Ich habe ihm das Trikot von meinem Freund Didier Drogba besorgt", sagte Guy Demel, "alle wollten es haben - er hat es sich verdient." Son, meinte Demel, gewinne durch zwei Dinge: seine fußballerische Qualität und seine tolle Art. "Seit Wochen."

Warme Worte, die Son erfreuen, ihn aber kaum trösten konnten. Denn selbst das Tor und Drogbas Trikot überdeckten nicht den heftigen Schmerz, den er schon in der Minute nach seinem Siegtreffer erlitt. "Er hat sich im Spiel den Fuß gebrochen", teilte Trainer Armin Veh gestern sichtlich erschüttert mit. "Der Junge ist fix und fertig."

Zwar schaffte es der südkoreanische Shootingstar, der heute beim Fußspezialisten Kai Olms in Bad Schwartau operiert werden soll, sich für das neue Mannschaftsfoto in die erste Reihe zu setzen und nett zu lächeln. Aber auch das war dem 18-Jährigen schnell vergangen, als er gestern um 13.12 Uhr an Krücken und mit geschientem Fuß per Taxi das Stadion verließ. Die befürchteten acht Wochen Pause hatten den Angreifer, der in der Vorbereitung mit neun Treffern erfolgreichster HSV-Schütze war, sichtlich mitgenommen. "Er saß in der Kabine und hat geheult", fühlte David Jarolim mit, "der Junge ist innerhalb weniger Stunden vom Helden zum tragischen Helden geworden. Für ihn ist das ganz bitter. Aber ganz ehrlich: für uns auch. So einen Mann wie ihn brauchen wir."

Huldigungen für einen 18-Jährigen, der als das größte Talent seit Jahren gilt. Dass Son aber überhaupt noch beim HSV ist, ist weniger der Verdienst der Hamburger als ein Zufall. Hintergrund: Der südkoreanische Fußballverband (KFA) hatte 2008 beim HSV um eine Kooperation nachgesucht. Der damalige Sportchef Dietmar Beiersdorfer unterschrieb den Vertrag. Daraufhin sichteten die Jugendtrainer Marc Meister und Soner Uysal in Südkorea bei einem extra anberaumten Probetraining mit 50 Jugendspielern drei talentierte Fußballer. Einer davon war Son - und so kam es, dass der damals 16-Jährige am 29. Juli 2008 mit fünf weiteren Talenten (drei fuhren direkt zum 1. FC Nürnberg) aus Südkorea in Frankfurt landete und nach Hamburg geholt wurde.

Son wohnte in einer vom Klub angemieteten Wohnung in Norderstedt in einer betreuten Wohngemeinschaft, zusammen mit den beiden Landsleuten, und spielte vom 1. August 2008 bis zum 30. Juni 2009 ohne Vertrag für den HSV in der Jugend bei Uysal und Son. Und zwar so gut, dass er vom südkoreanischen Verband für die U-17-Weltmeisterschaft im November 2009 in Nigeria berufen wurde. Für den HSV reichte es nach Meinung der Experten allerdings nicht. In Hamburg, wo sich die Klubführung inzwischen von den Initiatoren und Fürsprechern der Kooperation getrennt hatte, rechnete niemand mehr mit einer Rückkehr des Angreifers, der nach der U-17-WM Angebote aus England, Frankreich und vom VfL Bochum hatte. Bei dem heutigen Zweitligaklub hatte Son sogar schon vorgespielt, zwischen dem HSV-Abschied und der WM. Und zwar so gut, dass er einen Profivertrag angeboten bekam.

Son schien am Ziel, lehnte aber ab. Er wollte vorher noch die WM abwarten. Nach dem Turnier entschied er sich dann eigenständig, allen Angeboten zu trotzen und zu seinen Freunden und seinem Förderer Uysal nach Hamburg zurückkehren zu wollen. Zum Glück für den HSV, der Ende der Saison 2009/2010, die Son für A-Jugend und U 23 des Klubs spielte, Sons übermäßiges Potenzial erkannte und sich auf einen Profivertrag bis 2012 einigte.

Inzwischen ist Sons Fußball-Märchen um einige Kapitel weitererzählt. Der oft ungewollt, aber dafür umso sympathischer lustige Südkoreaner, dessen Eltern nach eigenen Angaben "richtig glücklich" über seinen Abschied nach Deutschland waren, "weil ich immer so viel esse", zählt fest zum Hamburger Profikader, sein Vertrag soll vorzeitig bis mindestens 2015 verlängert werden. Auch jetzt, trotz des Fußbruche. "Sons Situation beim HSV hat sich nicht verändert", macht Sportchef Bastian Reinhardt seinem Shootingstar Mut, "wir sind weiter sehr daran interessiert, mit ihm zu verlängern." Gestern reiste dafür auch Son Berater Thies Bliemeister in Hamburg an. "Son und der HSV, das passt gut zusammen", deutet Bliemeister gute Chancen auf eine schnelle Einigung an.

Zum Glück. Schließlich soll Drogbas Trikot in den nächsten Wochen nicht der einzige Trost für Son sein.