HSV-Trainer Thorsten Fink setzt beim 1. FC Nürnberg auf die Defensive. Im Angriff beginnen erneut Son und Berg, Petric sitzt nur auf der Bank.

Hamburg. Eigentlich hatte er sich seine Abschiedstour anders vorgestellt. Mladen Petric wollte sich mit Toren würdig von den HSV-Fans verabschieden und dem Klub zur Rettung verhelfen. Ein Sieg in Nürnberg würde zum Klassenerhalt reichen, sofern Köln und Hertha nicht gewinnen. Und nun stand er doch wieder allein da. Als einzige Spitze im B-Team, Paolo Guerrero arbeitete hinter ihm, bekam er kaum Bälle. Petric wirkte genervt. Dabei hatte er geahnt, was kommen würde. "Ich war krank, habe immer noch ein bisschen Husten, und die beiden haben gut gespielt", so der Kroate, angesprochen auf seine Konkurrenten, "gut möglich, dass ich von der Bank aus komme."

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Inzwischen ist es sogar sehr wahrscheinlich. Zumindest ließ Thorsten Fink, der in der Woche einzig die Sturmbesetzung für das Spiel bei den Franken (Sa., 15.30 Uhr, Easy-Credit-Stadion, Liveticker auf www.abendblatt.de ) offengelassen hatte, im Abschlussspiel des Trainings am Freitag Heung Min Son und Marcus Berg in der A-Elf stürmen. Das allerdings sehr kontrolliert. Das schwedisch-südkoreanische Duo musste im Wechsel mit nach hinten arbeiten. "Wir werden nicht auf Teufel komm raus angreifen", hat Fink die Marschroute für das womöglich entscheidende Abstiegsendspiel bei den seit dem vergangenen Wochenende gesicherten Nürnbergern vorgegeben. Auch der HSV-Trainer hat sich von seinem zu Amtsbeginn geforderten Anspruch des ästhetischen Spiels verabschiedet. Punkte sind das Ziel. Egal wie. "Wenn wir einen Punkt mitnehmen können - machen wir auch das", so Heiko Westermann, "wichtig ist, dass die Null hinten steht."

Und dafür werden auch Schmerzen in Kauf genommen. Überall. An Torwart Jaroslav Drobnys rechter Hand ist inzwischen mehr stabilisierender Tapeverband zu sehen als Haut. Im Training rasselten zu Wochenbeginn Dennis Aogo und Gökhan Töre so heftig aneinander, dass der Deutschtürke vorzeitig abbrechen musste. Und nachdem auch Petric nach einem Zweikampf zu Boden ging, sich Töre und Gojko Kacar ein so heftiges Wortgefecht lieferten, dass Unbeteiligte einschreiten mussten, brach Fink die Einheit vorsichtshalber ab. Beruhigt hat das niemanden. Auch Freitag krachte es. Da trat der ob seiner Reservistenrolle offensichtlich frustrierte Kacar gegen Berg nach - und wieder mussten Dritte schlichten. "Es herrscht eine gesunde Aggressivität", sagt Fink und hofft, dass diese mit ins Spiel gerettet werden kann.

Ein Vorhaben, das auch die Spieler verfolgen. "Es haben alle kapiert, dass nichts unversucht bleiben darf, wenn wir die Klasse halten wollen", beteuert Tomas Rincon und zeigt auf sein eingeöltes, frisch behandeltes, aber sichtbar lädiertes Schienbein. Eine knapp drei Zentimeter dicke, fünf Zentimeter breite und zehn Zentimeter lange Beule ziert das ansonsten erstaunlich dünn wirkende linke Bein des HSV-Vorkämpfers. "Eine Berührung und ich könnte heulen", sagt der Venezolaner, der neben David Jarolim im defensiven Mittelfeld abräumen soll. Eine zusätzliche Dämmung unter dem Schienbeinschoner soll ihn vor zu starken Schmerzen beschützen. Zusätzlich zur inzwischen schon täglichen Schmerztablette. "Kein Gejammer! Wir müssen von der ersten Minute an aggressiv sein, die Zweikämpfe gewinnen und hart spielen. Wir haben keinen Platz für Schmerzen", sagt Rincon.

Keinen Platz sollen auch die Nürnberger bekommen, die zuletzt achtmal in drei Partien trafen. "Der Trainer gibt klare Ansagen", erklärt Rincon, angesprochen darauf, warum er in 61 Partien noch keinen Treffer in der Bundesliga erzielen konnte. "Normal sollte man als Sechser auch Tore erzielen. Das ärgert mich auch. Aber es ist jetzt nicht mein erstes Ziel. Der Trainer hat eine klare Philosophie: David Jarolim und ich sollen absichern, Konter unterbinden - nicht nach vorn laufen." Zusammen mit der Viererkette und Drobny sind es nominell sieben Defensivleute auf dem Platz - bei Nürnberger Angriffen sogar zehn, da sich die beiden äußeren Mittelfeldspieler und einer der beiden Angreifer mit zurückziehen sollen. Ein Bollwerk, das Rincon als sinnvoll erachtet. "Wir fallen zu schnell um, wenn wir Gegentore kassieren. Das müssen wir mit allen Mitteln vermeiden. Denn einen Treffer erzielen wir eigentlich immer."

Stimmt. Nur in zwei Partien (0:4 gegen Hoffenheim und Stuttgart) blieb der HSV in der Rückrunde ohne eigenen Treffer. Ein gutes Omen, zumal keine Mannschaft in der Bundesliga häufiger in Nürnberg traf als der HSV (49-mal in 29 Partien). "Wie haben genug Qualität, um eigene Tore zu machen. Und genug Zeit", sagt Fink, wissend, dass er im Notfall hochwertig reagieren kann. Immerhin sitzt mit Mladen Petric sein Toptorjäger (sieben Tore) zunächst nur auf der Bank.