Trainer Thorsten Fink traut dem letzten Erfolg nur bedingt. Das Abendblatt nennt vier Gründe für die zwei Gesichter der Hamburger.

Hamburg. Er wirkte erleichtert, aber nicht überschwänglich. HSV-Trainer Thorsten Fink wusste auch drei Tage nach dem überlebenswichtigen 1:0-Sieg gegen Hannover nicht so recht, was er davon halten sollte. "Natürlich war das gut, aber wir haben leider zwei Gesichter. Vom 0:4 in Hoffenheim bin ich immer noch genervt. Ich lasse mich überraschen, welches Gesicht wir gegen Nürnberg zeigen", sagte der Coach.

Nun lässt sich ein Bundesligatrainer nur ungern von seinem Team überraschen, sondern zieht es in der Regel vor, am Spieltag das zu sehen, was in der Woche zuvor erarbeitet wurde. Doch zu oft wurde Fink einfach bitter enttäuscht. Zeigt die Formkurve anderer Klubs normalerweise deutlich in eine Richtung, kann man sich beim HSV derzeit auf gar nichts verlassen. Die Abendblatt-Analyse.

Durchschnittsalter: "Die mangelnde Konstanz ist zumindest teilweise der Jugend zuzuschreiben", sagt Fink. In der Tat hat der HSV-Kader ein Durchschnittsalter von 24,4 Jahren, nur Hoffenheim, Kaiserslautern und die mit Talenten aufgefüllte Mannschaft von Werder Bremen sind im Schnitt noch jünger. Fink hatte den Jugendstil unlängst abgebremst und Talente wie Zhi Gin Lam oder Gökhan Töre (beide 20), der sich gestern im Training eine leichte Prellung zuzog, in die zweite Reihe zurückversetzt. Doch die Startformation der letzten Spiele war im Durchschnitt zwischen 25 und 26 Jahren alt - das allein kann also nicht der Grund sein.

Mentalität des Teams: Sportchef Frank Arnesen beurteilt Spieler nach fünf Gebieten: Technik/Taktik, das Physische, das Gesundheitliche, die Mentalität und die Lebensweise. Die Mentalität der Mannschaft stand zuletzt jedoch arg in der Kritik, als immer wieder zu hören war, dass sie den Abstiegskampf nicht annehme und nach Teilerfolgen zu schnell abhebe. Talent Muhamed Besic, der derzeit bei Dynamo Dresden zur Probe trainiert, wurde suspendiert, auch der wiedererstarkte Jeffrey Bruma bekam zwischenzeitlich eine Denkpause verordnet. Nun probiert der Trainer weitere Maßnahmen aus. "Ich habe das Team nach dem Sieg gegen 96 nicht gelobt, und es wird auch keine Nachbesprechung geben. Erst nach dem Nürnberg-Spiel machen wir eine Gesamtanalyse", erklärt Fink.

+++ Frank Arnesen will Umbruch in Maßen +++

Anfälligkeit bei Kontern: 14 Pflichtspielniederlagen hat der HSV bisher einstecken müssen, doch nur einmal verloren die Hamburger nach eigener Führung (beim 3:4 gegen Köln). "Vorne zu liegen scheint mein Team extrem zu beflügeln, wir sind dann nicht so anfällig für Konter", erklärt Fink. In den 31 Bundesligaspielen ging sein Team jedoch nur zwölfmal in Front. Nach einem Rückstand macht die Mannschaft oft den Eindruck, dass sie ohne Verstand angreift. "Als ob es kein Morgen gäbe", beschreibt Fink.

Mangelnde Konkurrenz: Viele Spieler konnten sich zu sicher sein, ihren Stammplatz nicht zu verlieren. So war Mladen Petric trotz mauer Leistungen im Sturm mangels Alternativen lange Zeit gesetzt, auch die Außenverteidiger Dennis Aogo und Dennis Diekmeier mussten nach schlechten Leistungen nie um ihren Platz bangen. Und im zentralen Mittelfeld, wo die Konkurrenz am größten ist, hat außer David Jarolim niemand unter Beweis stellen können, dass er dauerhaft für gehobene Ansprüche geeignet ist.