Nach dem 1:3 bei Schalke 04 liegt der HSV nur noch vier Punkte vor Relegationsplatz 16. Am Wochenende kommt Freiburg zum Kellerduell.

Gelsenkirchen. "Das ist eine Vollkatastrophe! So macht das echt keinen Spaß, wenn da solche Amateure stehen mit ihrem Tatsachenentscheidungsgeschisse. Da krieg ich die Krätze, bei diesen Pappnasen und Heinis."

So oder so ähnlich hätte wohl Horst Heldt - analog zu seiner Schimpftirade nach dem Twente-Spiel im Europacup - am Sonntag die Szene vor dem vorentscheidenden 3:0 für Schalke beurteilt, wäre er nicht Schalke-, sondern HSV-Manager. Heiko Westermann hatte sich im Strafraum nach Ansicht von Schiedsrichter Wolfgang Stark Klaas-Jan Huntelaar regelwidrig so stark angenähert, dass der Unparteiische auf Strafstoß entschied. 33 Minuten waren da gespielt. "Wenn so ein Elfmeter gepfiffen wird, haben wir in jedem Spiel zehn Stück davon", beschwerte sich Frank Arnesen später in weitaus weniger drastischen Worten, als Heldt es getan hätte. Der Sportchef des HSV meinte aber das Gleiche. Westermann beschwerte sich lauter: "Der Elfer war ein Witz, lächerlich! Der Schiri besteht ja immer noch darauf, dass es ein Elfer war. Da kann ich nur lachen."

Allerdings: War das dritte Gegentor zumindest strittig, so hatte der HSV bei den ersten beiden Schalker Treffern tatkräftig mitgeholfen und dürfte sich deshalb nicht beschweren, als Verlierer vom Platz gegangen zu sein. Vor dem 1:0 von Pukki nach fünf Minuten durften sich die Spieler von Trainer Huub Stevens sage und schreibe 14-mal den Ball zuspielen. In der Folge berannten die Gäste zwar wütend das Schalker Tor, um den Rückstand wettzumachen, und erspielten sich durchaus klare Möglichkeiten, die aber durch Ivo Ilicevic und Marcell Jansen vergeben wurden.

Was das HSV-Team in der ersten Hälfte zeigte, sah zwar äußerst mutig aus, war aber in Wahrheit Harakiri-Fußball, denn die Spieler vergaßen, die Vorgaben für eine geordnete Verteidigung bei Ballverlust in Erinnerung zu behalten. Zwischen den Verteidigern und dem Mittelfeld taten sich unerklärlich große Lücken auf. "Da müssen wir uns besser abstimmen", kritisierte auch Westermann. So luden die HSV-Profis die Schalker förmlich zu Kontern im eigenen Stadion ein. Und dass diese bei der Torchancenverwertung äußerst effektiv sind, war zuvor schon bekannt gewesen. Einer dieser Konter führte dann zu der Ecke vor dem 0:2 durch Christoph Metzelder, der von Marcell Jansen fahrlässig alleine gelassen wurde. Es war nicht die einzige Fehlleistung an diesem späten Nachmittag.

"Wir waren zu naiv und bei Standardsituationen nicht so postiert wie abgesprochen, da müssen wir einfach cleverer werden", monierte Trainer Thorsten Fink. "Darauf werden wir im Videostudium eingehen, das müssen wir verbessern." Ihn dürfte es wenig getröstet haben, dass sein Kollege Huub Stevens später lobte, der HSV sei die bessere Mannschaft gewesen.

+++ Spielerkritik: Ivo Ilicevic fehlen Rhythmus und Selbstvertrauen +++

Denn wer gedacht hatte, die erste Auswärtsniederlage nach acht Spielen - zuletzt hatte der HSV am 10. September 0:2 in Bremen verloren - könnte nach dem Anschlusstreffer durch Gojko Kacar kurz vor der Pause doch noch vermieden werden, sah sich getäuscht. Während sich Schalke in der zweiten Hälfte darauf beschränkte, kompakt in der Defensive zu stehen, und die Kräfte schonte, fiel dem HSV wenig bis gar nichts ein. Auch die frühen Einwechslungen von Gökhan Töre und Heung Min Son verpufften.

Die Partie war gerade einmal 30 Minuten zu Ende, da wollte Fink mit dem gerade Erlebten nur noch wenig zu tun haben. "Wir müssen nach vorne schauen", forderte der HSV-Coach. "Wir haben noch fünf Punkte Vorsprung auf Freiburg und können auf acht davonziehen. Es gilt, die Fehler abzustellen."

+++ Behörde ermittelt gegen Töre +++

Doch scheinbar gelingt es auch Fink nicht, seiner in den Leistungen so labilen Mannschaft die Mängel auszutreiben. Die individuellen Fehler sind es, die sich durch die Saison ziehen und den HSV nach der zehnten Saison-Niederlage wieder Kontakt mit den Abstiegsrängen aufnehmen lassen.

"Es wird eng, ganz klar", beschönigte Arnesen nichts nach nur einem Punkt aus den vergangenen vier Spielen. "Aber ich habe ein gutes Gefühl, dass die Mannschaft genug Qualität hat, in der Bundesliga zu bleiben. Wir hatten schon einige Schlüsselspiele in dieser Saison. Sonnabend gegen Freiburg kommt noch eines dazu. Das ist ein Sechs-Punkte-Spiel." Dass der HSV in dieser Saison aber nicht gerade mit seiner Heimstärke glänzt, dürfte auch bis in den Breisgau durchgedrungen sein. Zudem konnten die Freiburger an diesem Wochenende beim 0:0 in Mönchengladbach weiteres Selbstvertrauen sammeln. "Sie haben hervorragend gestanden", lobte Arnesen, der sich die Partie live im Borussia-Park angesehen hatte, die Freiburger. "Sie haben nur zwei, drei Chancen weggegeben." Ähnliches konnte der Däne von seiner eigenem Team nicht behaupten. Leider.

Die Statistik

Schalke 04: Hildebrand - Uchida, Metzelder, Matip, Christian Fuchs - Jones - Höger (55. Holtby), Jurado (79. Moritz) - Raul - Huntelaar, Pukki (89. Marica). - Trainer: Stevens

HSV: Drobny - Diekmeier, Bruma, Westermann, Jansen - Rincon (82. Skjelbred), Kacar - Sala (59. Töre), Ilicevic (59. Son) - Petric, Arslan. - Trainer: Fink

Schiedsrichter: Stark (Ergolding)

Zuschauer: 61.000

Tore: 1:0 Pukki (5.), 2:0 Metzelder (26.), 3:0 Huntelaar (33.), 3:1 Kacar (45.)