Sportchef Arnesen hofft nach Gesprächen in England, dass der vom FC Chelsea ausgeliehene Verteidiger aus den Niederlanden bleibt.

Hamburg. Frust war ihm nicht anzumerken. Jeffrey Bruma hatte sichtlich Spaß beim Training, alberte mit seinen "Chelsea"-Kollegen Gökhan Töre und Jacopo Sala herum. Dabei hätte der Niederländer allen Grund, Trübsal zu blasen. Gegen den VfB Stuttgart sollte Bruma eigentlich nur auf der Tribüne sitzen, einzig die kurzfristige Verletzung von Dennis Aogo beförderte ihn in den Kader - auf den Rasen durfte er dennoch nicht. Dafür ließ ihn Trainer Thorsten Fink beim 3:1-Testspielsieg gegen den Amateurklub SC Victoria neben Michael Mancienne über 90 Minuten in der Innenverteidigung vorspielen. "Die Begegnung hat mir Aufschluss darüber gegeben, was ich machen kann und was nicht", sagte der Coach. Wer das Spiel gesehen hat, weiß, was er meinte: Das Experiment ist gescheitert.

Obwohl Aogo mit Wadenproblemen auch beim FC Schalke 04 am Sonntag (17.30 Uhr, Sky und Liveticker auf abendblatt.de) definitiv ausfallen wird, muss sich Bruma wohl erneut mit der Bank anfreunden. Festgelegt hat sich Fink, dass Marcell Jansen erneut den linken Verteidiger abgeben und Heiko Westermann (spielte gegen Victoria links) auf seiner angestammten Position in der Zentrale auflaufen wird. Und auch Brumas Konkurrent Slobodan Rajkovic, der gegen Stuttgart einen pechschwarzen Tag erwischte, bekommt wahrscheinlich eine Bewährungschance. "Er hat gut trainiert und vor dem Stuttgart-Spiel auch einige starke Auftritte gehabt. Ich will auch nicht alles durcheinanderwerfen", verteidigte Fink den Serben. Endgültig wollte sich der Trainer jedoch noch nicht in die Karten schauen lassen, was seine Abwehrformation anbelangt.

Sollte Bruma wieder nur die Rolle des Zuschauers bleiben, würde er unter Umständen ein ganz besonderes Duell verpassen: das mit seinem Landsmann Klaas-Jan Huntelaar. Der Stoßstürmer agierte zuletzt überragend, musste beim Europa-League-Spiel der Schalker gestern Abend aufgrund der Folgen einer Gehirnerschütterung jedoch passen. Auch sein Einsatz gegen den HSV ist noch nicht sicher. "Für uns wäre es auf jeden Fall deutlich besser, wenn er nicht spielen kann. Er ist nur schwer zu stoppen", sagt Bruma über Huntelaar.

Zu gerne würde der 20-Jährige beweisen, dass er es könnte - doch die Entwicklung Brumas stagniert momentan. Mit vielen Vorschusslorbeeren wurde er vor der aktuellen Spielzeit verpflichtet, Hollands Abwehr-Ikone Jaap Stam attestierte ihm sogar das Zeug zum Weltstar. Nach der Verletzung zu Saisonbeginn war Bruma beim HSV zunächst gesetzt, doch weitere Blessuren und einige schwere Patzer warfen ihn immer wieder aus der Bahn. Das Fachmagazin "Kicker" bewertet den Nationalspieler derzeit nur mit einem Notenschnitt von 4,11, und auch in der Zweikampfstatistik liegt Bruma mit 63,5 Prozent gewonnener Duelle deutlich hinter Westermann (66,5) und Rajkovic (69,6). Bei der "Elftal" erfährt Bruma derzeit das gleiche Schicksal wie im Verein: Beim 3:2 des Oranje-Teams in England saß er nur auf der Bank. "Es ist normal, dass so junge Spieler noch nicht die nötige Konstanz aufweisen", sagte Fink unlängst. Doch ohne Einsatzzeiten wird diese auch nur schwer zu erreichen sein - das weiß auch Bruma: "Ich muss auf meine Entwicklung achten. Die Nummer eins ist immer noch der HSV - aber wenn ich nicht spiele, bin ich natürlich auch nicht zufrieden."

Eine vorzeitige Rückkehr zum FC Chelsea würde seine Einsatzzeiten wohl nicht verbessern. Der gebürtige Rotterdamer wurde für zwei Jahre vom Premier-League-Klub ausgeliehen, die Londoner sicherten sich jedoch die Option, Bruma nach dieser Serie zurückzuholen. Stichtag ist der 1. Juni. Auch deshalb flog Sportchef Frank Arnesen diese Woche nach London, um an der Stamford Brigde mit den Verantwortlichen seines Ex-Vereins die Tendenzen auszuloten. Es sieht danach aus, als dürfe Bruma bleiben. "Ich hatte mehrere gute Gespräche und bin im Fall Bruma sehr optimistisch", sagte Arnesen dem Abendblatt. So spielt die momentane Schwächephase des Verteidigers dem HSV bei den Verhandlungen in die Karten. Endgültig kann die Personalie allerdings erst geklärt werden, wenn feststeht, wer neuer Trainer beim Abramowitsch-Klub wird - Andres Villas-Boas wurde am Sonntag entlassen.

Bei Arnesen genießt Bruma weiterhin höchste Wertschätzung, er ist von dessen Entwicklung überzeugt. Das unterstreicht auch die Aussage über das derzeit von Chelsea an Vitesse Arnheim verliehene tschechische Abwehrtalent Tomas Kalas, das auf der HSV-Liste steht. "Wir sehen in ihm viel Potenzial. Aber er genießt nicht die höchste Priorität, da wir vier gute Abwehrspieler in unseren Reihen haben."