Obwohl der Nationalspieler es stets perfekt machen will, kritisieren einige unzufriedene HSV-Fans Aogo seit einigen Wochen mitunter sogar überhart.

Die Szene war eindeutig: Ein krasser Fehler führte beim Länderspiel in Bremen zum Führungstor für Frankreich. Der Schuldige war schnell ausgemacht: HSV-Abwehrspieler Dennis Aogo. Der 25-Jährige konnte und wollte auch gar nicht lange drum herumreden: "Bei dem Gegentor sehe ich natürlich nicht glücklich aus, ich schätze den Ball falsch ein." Noch in der Nacht fuhr Aogo im Privatwagen an die Elbe zurück. In Gedanken natürlich immer noch beim Spiel: "In der Vergangenheit haben wir viel Spektakel geboten, das haben wir diesmal gegen Frankreich leider nicht."

An seinen Fehler hat er natürlich auch gedacht. Die Quintessenz: "Es wird nicht das einzige Spiel gewesen sein, wo ich mit meiner eigenen Leistung nicht zufrieden war." Dann sagte er fast ein wenig trotzig: "Ich kann nichts machen, außer es beim nächsten Mal besser zu versuchen."

Immerhin hat er im Weserstadion eine Hürde übersprungen. Der frühere Nationaltorwart Bodo Illgner hatte einst die Latte sehr hoch gehängt, als er sagte: "In meinen Augen ist ein richtiger Nationalspieler erst der, der mindestens zehn Länderspiele absolviert hat." Das hat Dennis Aogo nun geschafft. Und er ist ehrgeizig genug, es nicht dabei belassen zu wollen. Der Linksverteidiger will es in jedem Spiel immer perfekt machen, er gibt immer alles. Was für einige unzufriedene HSV-Fans aber bei Weitem nicht genug ist. Sie kritisieren den Abwehrmann schon seit einigen Wochen hart, mitunter sogar überhart, auch unfair.

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Er scheint es (noch) zu ignorieren: "Ich freue mich trotzdem über jedes Spiel mit der Nationalmannschaft. Ich kann dabei wertvolle Erfahrungen sammeln, die ich beim HSV nicht sammeln kann, weil wir leider nicht international dabei sind." Und: "Ich werde meine Lehren aus diesem Spiel ziehen. Eine Lehre ist, dass wir bis zur EM auf keinen Fall nachlassen dürfen."

Die Frage wird sein, ob Aogo auch zum EM-Kader gehören wird. Die Aussichten sind nicht schlecht. Der HSV-Profi ist vielseitig einzusetzen, kann nicht nur verteidigen, sondern auch auf der "Sechs" spielen. Zudem ist er ein Teamplayer, der niemals laut oder sogar unfair gegenüber Kollegen werden würde. Das weiß auch der Bundestrainer, ich würde sogar sagen, das schätzt Joachim "Jogi" Löw am Hamburger. Der DFB-Coach urteilte nach dem Spiel in Bremen über Aogo: "Dennis war engagiert, sah bei der einen oder anderen Szene aber ein wenig unglücklich aus. Er hat sehr viel Potenzial, auch wenn er sicherlich noch mehr leisten kann. Aber ich war nicht unzufrieden mit ihm."

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Was mich am "Fall Aogo" stört, ist die Tatsache, dass die HSV-Fans so über einen aktuellen Nationalspieler herfallen (ähnlich wie einst bei Piotr Trochowski). Das hat Dennis Aogo einfach nicht verdient. Was mich zudem beschäftigt: Er dürfte der einzige HSV-Profi im deutschen EM-Kader 2012 sein. Und ganz "ohne" würde mir bedeutend weniger Spaß bringen. 1980 waren noch Kaltz, Memering, Magath und Hrubesch vom HSV am Start, 1984 nur Rolff, 1988 (in Deutschland), 1992 und 1996 keiner, 2000 nur Butt, 2004 keiner und 2008 nur Trochowski. Eine kümmerliche und höchst langweilige Bilanz. Die mit einer EM-Nominierung von Dennis Aogo eine kleine Verbesserung erfahren würde. Ich bin dafür.