Torhüter Rene Adler kommt im Sommer zum HSV. Sein Vorgänger, der heute gegen Gladbach im HSV-Tor steht, muss sich einen neuen Verein suchen.

Hamburg. Es waren gerade mal fünf Meter, die Jaroslav Drobny nach dem gestrigen Abschlusstraining von HSV-Trainer Thorsten Fink und Sportchef Frank Arnesen trennten. Fünf Meter, die dem Tschechen wie eine Marathondistanz vorgekommen sein müssen. Denn während der Torhüter sorgfältig herumliegende Bälle zusammensammelte, ließen sich Arnesen und Fink überhaupt nicht dabei stören, angeregt die kurz-, mittel und langfristige Zukunft des HSV zu besprechen. Kurzfristig steht das heutige Spiel (20.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) gegen Borussia Mönchengladbach auf dem Programm, mittelfristig die Vertragsunterschrift von Wunsch-Torhüter René Adler und langfristig, auch das ist nun klar, der unvermeidliche Abschied Drobnys vom HSV.

"Als Spieler muss man so eine Vereinsentscheidung verstehen", sagt Arnesen, der Drobny ein dickes Kompliment macht: "Jaro geht mit der Situation fantastisch um." Erst nachdem Adler den längst ausgehandelten Vier-Jahres-Vertrag in den kommenden Tagen unterzeichnet hat, will sich der Däne auch mit Drobnys Zukunft eingehend beschäftigen: "Dann müssen wir natürlich auch über seine Situation reden." Viel zu reden gibt es allerdings nicht. Adler kommt, Drobny muss gehen - so kann man in nur fünf Worten das Geschäft Profifußball zusammenfassen.

Völlig überraschend kommt die Verpflichtung Adlers für Hamburgs bisherige Nummer eins allerdings nicht. Monatelang zogen sich die Verhandlungen zwischen dem früheren Nationaltorhüter und dem HSV hin, ehe am vergangenen Wochenende grundsätzliche Einigung zwischen Arnesen, Adler und dessen Berater Jörg Neubauer erzielt worden ist. Spätestens Anfang kommender Woche soll der Vertrag unterschrieben werden, der Adlers Start und Drobnys Ende beim HSV besiegelt, obwohl dessen Vertrag erst 2013 endet. Ein zweites Jahr als Nummer zwei, das hat Drobny nach den Erfahrungen als Ersatz von Frank Rost längst beschlossen, will sich der 32-Jährige nicht antun. Dabei spricht es für Drobny, dass er Hamburgs Gespräche mit Adler nie persönlich genommen hat. "Er ist sehr professionell", lobt Arnesen, der keinen Zweifel daran hat, dass Drobny zunächst heute im Spiel gegen Gladbach und anschließend bis zum Ende der Saison seine Leistung bringen wird.

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Ab Sommer soll dann die Ära Adlers, der nach seiner langwierigen Patellasehnenverletzung in der Hansestadt einen sportlichen Neustart sucht, beginnen. Erst am Mittwoch hat der 27-Jährige in Leverkusen mit torwartspezifischen Übungen begonnen, in zwei bis drei Wochen soll er ins Mannschaftstraining einsteigen. "Ich wünsche mir, dass wir mit René einen guten Abschluss hinbekommen, den er verdient hat", sagte gestern Leverkusens Trainer Robin Dutt, der Adler als einen der "besten Torhüter überhaupt" beschrieb - mit dem nicht unwichtigen Zusatz "wenn er denn fit ist".

Tatsächlich scheint das finanzielle Risiko, das der HSV bei der spektakulären Adler-Verpflichtung auch ohne Ablösesumme und Handgeld eingeht, beachtlich zu sein. Der gebürtige Leipziger, der von Leverkusens Torwarttrainer Rüdiger Vollborn bei einem DFB-Lehrgang im Alter von 15 Jahren entdeckt wurde, hat eine dicke Krankenakte. Neben der langwierigen Patellasehnenverletzung am rechten Knie musste sich Adler auch schon mehrfach mit Rippenverletzungen herumplagen. Im Dezember 2006 wurde mit vier Schrauben sogar eine Titanplatte eingesetzt, die auch nicht verhindern konnte, dass Deutschlands damalige Nummer eins im Mai 2010 wegen einer erneuten Rippenverletzung die Weltmeisterschaft in Südafrika absagen musste. Auch deswegen ist es verständlich, dass kein HSV-Verantwortlicher Adlers Wechsel offiziell bestätigen mag, solange der Torwart nicht auch einen umfassenden Medizincheck in Hamburg überstanden hat. Zudem muss auch der Aufsichtsrat, der bislang nicht informiert ist, das Millionengehalt Adlers noch absegnen.

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Von Hamburgs Verantwortlichen hat allerdings niemand mehr einen Zweifel, dass der spektakuläre Coup noch auf der Zielgeraden scheitern könnte. In der Winterpause hatte sich Arnesen bei Bundestrainer Joachim Löw und bei DFB-Torwarttrainer Andreas Köpke über Deutschlands frühere Nummer eins informiert und dabei nur Gutes gehört. Der 1,91 Meter große Keeper gehört zu den sprungstärksten Torhütern Deutschlands, auf der Linie werden ihm einzigartige Reflexe attestiert, und dank seiner ausgezeichneten Ausbildung auf einer Leipziger Sportschule hat er im Gegensatz zu Drobny auch fußballerische Klasse. Vor seinen Verletzungen hatte neben Bayern München vor allem auch Englands Topklub Manchester United großes Interesse. Der HSV profitiert nun davon, dass sich Adler und dessen Berater Neubauer im Hochgefühl derartiger Interessenten bei den damaligen Vertragsverhandlungen mit Leverkusen verpokert haben.

Bevor aber der Medizincheck überstanden und der Vertrag unterschrieben ist, gilt als hundertprozentig sicher nur eines: Gegen Gladbach steht heute Abend wie üblich Drobny im Tor. Ausgerechnet gegen die Übermannschaft der Liga soll der Tscheche Gegentore verhindern. Nur den eigenen Abschied wird er nicht verhindern können.