Früher war alles wie früher. Auch im Fußball. Denn es gab ihn ja tatsächlich einmal, den Spielmacher. Fritz Walter war einer, Wolfgang Overath und Günter Netzer waren beinahe die Prototypen eines Regisseurs, Felix Magath war noch von dieser besonderen Sorte, und dann gab es immerhin noch einige Spieler, die sich mit Erfolg in diesem Metier versuchten. Beim HSV zum Beispiel Hans "Buffy" Ettmayer, Kurt Eigl, Rodolfo Cardoso, Thomas von Heesen, Miroslaw Okonski, Uwe Bein, Yordan Letchkov, Armin Eck, Stefan Beinlich, und, und, und. Etwas andere Spielertypen, nämlich halb Stürmer und halb Spielmacher, waren Kevin Keegan, Thomas Doll, Sergej Barbarez oder auch die "ewige 23", Rafael van der Vaart. Leider gibt es sie ja im heutigen Fußball immer weniger, und trotzdem sucht der HSV nun händeringend einen: Haben Sie noch einen Zehner für den HSV?

Das könnte durchaus teuer werden, sollte Sportchef Frank Arnesen tatsächlich fündig werden. Wer hat im deutschen Fußball denn tatsächlich noch einen echten "Zehner"? Nicht mal der große FC Bayern. Auch Dortmund, Schalke, Mönchengladbach und zum Beispiel auch Leverkusen haben keinen Regisseur mehr. Weil sich heute ja kein Platz mehr für den "Zehner" in einem 4-4-2-System findet. Im Mittelfeld gibt es meistens zwei Flitzer auf den Außenpositionen, dazu zwei Sechser. Und vorne entweder zwei Spitzen - oder eine Spitze und dahinter eine hängende Spitze. Bei Gladbach zum Beispiel stürmt Reus, und dahinter kommt Hanke, der sich selbst als "Neuneinhalber" bezeichnet. Quintessenz: Ist also ein solcher "Neuneinhalber" der heutige "Zehner"? Weil der "Zehner" längst ausgestorben ist?

Fest steht: Im modernen Fußball kann es sich keine Mannschaft mehr leisten, einen "Stehgeiger" als Spielmacher zu beschäftigen. Heute müssen in einem Team alle nach hinten arbeiten, auch beim HSV. Und im Prinzip hat Thorsten Fink ja seinen "Zehner" schon. Als Spitze ist Paolo Guerrero gesetzt, dahinter Mladen Petric. Der Kroate ist also im Prinzip der so sehnlichst gesuchte "Zehner", oder, wie Hanke sich bezeichnet, der "Neuneinhalber". Und dass Petric den "tödlichen" Pass spielen kann, hat er zuletzt beim 1:0 von Guerrero in Köln gezeigt. Wieso also sucht der HSV? Weil Petric am Saisonende ohnehin weg ist? Weil sich Petric immer noch als absolute Spitze sieht? Oder weil man es Petric nicht zutraut?

Gebt dem Kind einen Namen, macht Petric zum "Zehner" - er ist es doch schon seit Wochen. Und dann soll er mal zeigen, was er als Regisseur so draufhat. Auch läuferisch. Denn wie gesagt: Alle müssen im Fußball von heute kräftig mit nach hinten arbeiten, auch der Zauberer, der den "tödlichen" Pass spielen kann. Und wenn Petric eventuell doch beim HSV bleiben will, dann sollte er seine Kreativität einbringen, Ideen produzieren, die Kollegen (vornehmlich Guerrero) in Szene setzen - und natürlich laufen, laufen, laufen. Das wäre (s)eine Chance.

Die HSV-Kolumne "Matz ab" finden Sie täglich im Internet unter www.abendblatt.de/matz-ab