Der neue HSV-Trainer Armin Veh ist charmant, freundlich - und knallhart. Er will künftig konsequent durchgreifen. Zé Roberto muss bleiben.

Hamburg. Wer gestern Vormittag zufällig einen Termin im Elysée-Hotel hatte, konnte den Eindruck bekommen, dass der HSV seine offizielle Geschäftsstelle an die Rothenbaumchaussee verlegt hatte. In der Lobby plauderte Vorstand Katja Kraus mit Neu-Trainer Armin Veh und Pressesprecher Jörn Wolf, vor der Tür standen Hamburgs neuer Sportlicher Leiter Urs Siegenthaler, dessen Lebensgefährtin Petra und Scout Michael Schröder in entspannter Runde zusammen. Das "Who's who"des HSV hatte sich versammelt, und das aus gutem Grund. Es gilt, die neue Saison zu planen. Und offenbar gibt es Redebedarf - gesprochen wird aber nicht mehr übereinander, sondern miteinander.

Auch Armin Veh ist sofort für einen kurzweiligen Plausch zu haben. Der neue HSV-Trainer, immer noch braun gebrannt, weißes Hemd, dunkle Hose, lächelt viel, streut hier und da einen lockeren Spruch ein und erzählt freimütig, dass er gerade dabei ist, eine Wohnung für sich und seine Frau Helena zu suchen - "natürlich mit einem kurzfristigen Mietvertrag".

Veh lacht und gibt an, dass ein Bundesligatrainer ja durchschnittlich "gerade mal 13 Monate im Amt ist". Wenn er es sich also recht überlege, sei es vielleicht sogar besser, gleich ganz im Hotel zu bleiben. Ha, ha.

Der 49-Jährige weiß, was ankommt. Charmant und freundlich beantwortet er alle Fragen, erzählt offen von seinem neuen Retriever, von seinem Laster zu rauchen und von seinen erwachsenen Kindern Andre und Fabian. Am Sonntag wolle er mit seiner Frau in den Kurzurlaub nach Sardinien, wo er Helena vor 27 Jahren kennengelernt hat, "Südafrika ist mir in dieser Jahreszeit zu kalt." Doch sobald das Gespräch auf seine neue Aufgabe beim HSV kommt, zeigt Veh, dass er auch anders kann. "Wenn jeder macht, was er will, dann können wir das alles knicken", beantwortet der gebürtige Augsburger die Frage nach einem eventuellen Abgang Zé Robertos. "Zé hat Vertrag." Punkt. "Spieler müssen Regeln befolgen. Wenn zu viel geredet wird, funktioniert es nicht." Aber ... Kein Aber. "Ich lege großen Wert auf Respekt. Bei mir wird es keine lange Leine geben." Einmal in Fahrt, hört Veh nicht auf. "Ich hatte noch nie Probleme mit meinen Mannschaften. Auch Jonathan Pitroipa hat Vertrag und wird hierbleiben - fertig!"

Armin Veh hat klare Vorstellungen von seiner Aufgabe beim HSV. Mit Michael Oenning wurde ein Assistent bereits verpflichtet, ein zweiter und ein Torwarttrainer sollen in Kürze folgen. Den Kapitän will Veh bestimmen, die Ausrichtung seiner Mannschaft auch. "Kurzpassspiel, Dominanz, schnelles Spiel nach vorne" - so soll der HSV unter dem ehemaligen Stuttgarter Meistertrainer spielen. "Man sollte die Handschrift eines Trainers erkennen können." Anders als vor der Sommerpause angekündigt, will Veh keinen großen Umbruch: "Wir müssen uns nur punktuell verstärken." Priorität hat die Suche nach einem Innenverteidiger, der "eine gute Schnelligkeit mitbringt", damit offensiver gespielt werden kann.

Auch ein Rechtsverteidiger und ein defensiver Mittelfeldmann sollen noch kommen. Ibrahim Afellay ist, sofern er denn unterschreibt, als "offensiver Sechser" eingeplant, im Sturm wolle man noch einen Spieler - Marcus Berg oder Maxim Choupo-Moting - abgeben.

So klar Vehs Vorstellungen für die kommende Saison sind ("Unser Anspruch ist, oben mitzuspielen"), so klar sind seine Pläne für die kommenden Jahre: "Unser langfristiges Ziel muss sein, junge Talente an die Bundesliga heranzuführen." Gemeinsam mit Siegenthaler, mit dem er gestern wie bereits den gesamten Montag tagte, will Veh verstärkt auf junge Spieler aus dem eigenen Verein setzen. Geplant ist, Nachwuchskräfte zu Saisonanfang bei den Profis mittrainieren zu lassen, um sie besser kennenzulernen. Als Vorbild dient dabei seine eigene Arbeit in Stuttgart, wo er die heutigen Nationalspieler Mario Gomez, Serdar Tasci und Sami Khedira einst in der eigenen Jugend entdeckte. "Der VfB fängt sehr früh an, zu sichten. In Stuttgart werden bereits C-Jugendliche beobachtet. Dahin müssen wir noch kommen." Allerdings sei die Arbeit mit Talenten als ein langfristiges Projekt zu verstehen.

Kurzfristig, da macht sich Veh keine großen Illusionen, will und muss er gute Ergebnisse erzielen. "Man kann so nett sein, wie man will. Am Ende müssen wir erfolgreich sein, um tatsächlich Spaß miteinander zu haben." Und wenn es nicht klappt? "Dann sitzt hier nächstes Jahr wieder ein neuer Trainer." Kurzes Schweigen. "Das war ein Spaß." Ha, ha.