HSV-Boss Bernd Hoffmann verzichtet auf ein Bekenntnis zum Trainer. Nachfolgekandidaten für Labbadia werden bereits gehandelt.

Hamburg. Die Stimmung hätte am Sonntagvormittag rund um die Nordbank-Arena nicht viel besser sein können. Marcus Berg und David Jarolim mussten fleißig Autogramme schreiben, ein stolzer Vater bat Mladen Petric um ein gemeinsames Foto mit seinem Sohn und auch Ruud van Nistelrooy hatte die eine oder andere Frotzelei für die wartenden TV-Teams bereit. Nur Trainer Bruno Labbadia bekam von der zur Show gestellten guten Laune kaum etwas mit. Erst als sich sämtliche Spieler und die meisten Fans längst auf den Heimweg gemacht hatten, schlurfte der HSV-Coach mit gesenkten Kopf kurz aus den Kabinentrakt der Nordbank-Arena, stellte sich mit verschränkten Armen den rund 20 Journalisten und verschwand anschließend schnell wieder in den Katakomben.

Dabei hatten nicht nur die desaströse 0:1-Heimniederlage gegen Mainz 05 und der anhaltende Absturz in der Bundesliga den Hamburger Trainer sichtlich mitgenommen. "Die Enttäuschung ist sehr groß", gab der 44-jährige Fußballlehrer zu, der kurz zuvor auch noch erfahren hatte, dass Torhüter Frank Rost mit sofortiger Wirkung aus dem Mannschaftsrat zurückgetreten war (siehe unten). Und obwohl man zum wiederholten Mal in dieser Rückrunde den Eindruck gewinnen konnte, dass ein Großteil der Mannschaft ihrem Trainer auch an diesem Wochenende die Unterstützung versagte, lehnte Labbadia eine Grundsatzkritik an seinen Spielern weiterhin kategorisch ab: "Ich könnte es mir jetzt sehr einfach machen, aber wir stehen weiterhin geschlossen hinter der Mannschaft."

Auf ein ähnlich ernst gemeintes Treubekenntnis seitens der Vereinsführung musste der gebürtige Darmstädter am Sonntag allerdings vergeblich warten. Vereinschef Bernd Hoffmann, der sich weder direkt nach der Niederlage gegen Mainz noch am Morgen danach öffentlich äußern wollte, entschloss sich erst nach internen Beratungen mit seiner Vorstandskollegin Katja Kraus zu einer medialen Bewertung. Der Klubboss stampfte ähnlich geladen wie Labbadia zuvor enttäuscht durch die Buseinfahrt und machte aus seiner Wut über den Saisonverlauf keinen Hehl. "Die fehlende Motivation der Spieler kann ich mir nicht erklären. Wir brauchen das alles nicht schön zu reden. Platz sieben haben wir weder erwartet noch angestrebt", sagte Hoffmann, der den zahlreichen Nachfragen nach der Zukunft von Labbadia und eventuellen Konsequenzen mit Hinweis auf das bevorstehende Europa-League-Halbfinale gegen den FC Fulham auswich. "Konsequenzen gibt es nur bis Donnerstag, da bin ich mir sicher, dass die Mannschaft die richtige Reaktion zeigt", sagte der Vorstandsvorsitzende, dessen Worte wie eine ultimative Drohung klangen.

Ob sich Labbadias Amtszeit als HSV-Trainer tatsächlich durch einen Erfolg in der Europa Leaque verlängert, scheint nach dem lust- und leblosen Auftritt gegen die bis zum Wochenende schlechteste Auswärtsmannschaft der Bundesliga mehr als fraglich. "Bei jedem Spieler haben zehn bis 15 Prozent gefehlt", gab Labbadia zu, ohne eine schlüssige Erklärung parat zu haben. Selbst die zahlreichen Ausfälle (Marcell Jansen, Mladen Petric, Paolo Guerrero, Eljero Elia) konnten im Duell zwischen dem Aufsteiger aus Mainz, dessen Anfangself zusammen gerechnet über die Erfahrung von weniger als 100 Länderspielen verfügte, und dem HSV, dessen Startelf in knapp 300 Länderspielen auf dem Platz stand, nicht als Ausrede dienen. "Es kann doch nicht sein, dass wir uns von so einem Team beeindrucken lassen", sagte Piotr Trochowski, der sich trotz seiner wochenlangen Nichtberücksichtigung als einer von wenigen Hamburgern gegen die Niederlage am Sonnabend stemmte. Ein anderer, der sich keine großen Vorwürfe machen brauchte, war David Jarolim, der trotz guter Leistung nach 69 Minuten gegen den 18-jährigen Debütanten Sören Bertram ausgetauscht wurde. Direkt nach dem Spiel verweigerte der Tscheche einen Kommentar zu seiner Auswechslung, "weil ich nichts Falsches sagen will". Und auch am Tag danach schien der stets loyale Kapitän noch immer angefressen, gab aber an, sich mit Labbadia ausgesprochen zu haben: "Der Trainer wollte etwas ändern, aber natürlich geht kein Spieler gerne raus."

Noch maximal vier Wochen dürfte das Verhältnis zwischen Labbadia und seiner Mannschaft auf dem Prüfstand stehen, dann dürfte es - selbst bei einem erfolgreichen Europa-League-Finale - eine Zäsur geben. Längst werden mit Bundestrainer Joachim Löw, dem Franzosen Gerard Houllier, an dem der HSV bereits vor zwei Jahren großes Interesse zeigte, und dem Engländer Steve McClaren, der derzeit den niederländischen Spitzenreiter Twente Enschede trainiert, erste Nachfolgekandidaten gehandelt. Ob diese Namen für eine bessere Stimmung Labbadias beitragen, muss allerdings bezweifelt werden.