Nach dem Auswärtssieg in der Europa League holt der HSV auch in der Liga drei Punkte auf fremdem Platz. Das 2:1 in Bochum war enorm wichtig.

Bochum. Es sei dieser eine entscheidende Moment, hatte Mladen Petric nach dem 3:1-Erfolg in Lüttich philosophiert. Der Moment, in dem man seine Schmerzgrenze überschreitet. "Bis dahin fällt vieles schwer", so der Kroate, der die hohen Belastungen mit der Europa League und der Bundesliga auch als "Kopfsache" betitelte.

Auch am Sonntag in Bochum waren die Hamburger gefragt, gegen kampfstarke, sich gegen den Abstieg stemmende Bochumer über diese ominöse Grenze zu gehen. Das gelang. Und Petric durfte nach dem so wichtigen 2:1-Erfolg beim VfL am Abend Teil zwei seiner Analyse folgen lassen: "Wir wussten auch in der letzten etwas schwächeren Phase um unsere Qualitäten. Der Unterschied ist nur, dass wir sie jetzt auch wieder zeigen."

Wie Robert Tesche. Nachdem der HSV die starke Anfangsphase der Bochumer schadlos überstanden hatte, war es der ehemalige Bielefelder, der sich nach einem Eckball von Dennis Aogo im Sechzehner gegen Maric durchsetzte und zum 1:0 einköpfte. Tesche war von Labbadia überraschend Piotr Trochowski vorgezogen worden. Ein Schachzug von vielen - "die am Ende aufgegangen sind", freute sich Labbadia.

Dass dies gelang, lag zum einen an der Unfähigkeit der Bochumer, die zwar durch Zlatko Dedic in der 32. Minute egalisieren konnten, allerdings auch klarste Gelegenheiten ausließen. Zum anderen war es der Mut, auch auswärts die Offensive zu stärken und trotz der Strapazen vom Europa-League-Spiel voll auf Sieg zu gehen. "Wir haben in der Halbzeit gesagt, dass wir dieses Spiel unter allen Umständen gewinnen wollen", freute sich der zuletzt arg in der Kritik stehende HSV-Trainer, "und wir haben unseren Worten Taten folgen lassen."

Auch er selbst. Nach gut einer Stunde brachte Labbadia mit Marcus Berg einen weiteren Offensivmann für den angeschlagenen Guy Demel. 54 Prozent Ballbesitz sowie 60 Prozent gewonnene Zweikämpfe bestätigten Labbadia am Ende die Richtigkeit seiner Analyse. Einziges Manko: Nach der Auswechslung von Demel brauchte der HSV fast 15 Minuten, ehe das entstandene Vakuum auf der rechten Abwehrseite vom eingewechselten Tomas Rincon behoben werden konnte. Zuvor war Tesche vom Mittelfeld zurückgerückt. "In dieser Phase hatten wir das nötige Glück, dass Bochum seine Möglichkeiten nicht genutzt hat", gab Petric zu, "aber wir haben es uns auch mit bedingungslosem Kampf erarbeitet."

Ebenso den sechsten Tabellenplatz, den der HSV für 24 Stunden an den VfB Stuttgart abgegeben hatte und der die Qualifikation für die Europa League mit sich bringt. Ein Ziel, das Vorstandsboss Bernd Hoffmann in der Halbzeit im Rewirpower-Stadion klar in die TV-Kameras eingefordert und so den Druck auf Labbadia hoch gehalten hatte.

"Wir haben hier auch für den Trainer gewonnen, ganz klar", sagte Ruud van Nistelrooy, "das sind drei Punkte - zwölf weitere wollen wir aus folgen lassen." Auch um so die Diskussion um Labbadia zu beenden? "Wir führen die doch gar nicht, das machen andere. Aber wenn wir weiter so arbeiten, wird diese Diskussion automatisch beendet."

Zumindest bis zum Mainz-Spiel am Sonnabend dürfte es ruhiger werden. Zum einen, weil für die Mannschaft in dieser Woche kein Europacupspiel ansteht und die Spieler regenerieren können. Zum anderen, weil ein genialer Augenblick das Spiel in den Schlussminuten zugunsten der Gäste entschied. Nach zuvor fünf vergeblichen Anläufen konnte der HSV 2010 erstmals nach einem Europa-League-Spiel das darauf folgende Bundesliga-Spiel gewinnen. Der eingewechselte Marcus Berg eroberte den Ball, über den ebenfalls eingewechselten Piotr Trochowski wurde der Ball an Zé Roberto weitergeleitet, der den vor dem VfL-Tor postierten Ruud van Nistelrooy anspielte - das 2:1 in der 88. Minute. Wieder einmal schien es, als habe der ehemalige Madrilene das Spiel entschieden. "Am Ende war ein Bochumer am Ball", gab der Niederländer aber zu, "es war wohl ein Eigentor." Und van Nistelrooys Vermutungen wurden später bestätigt. Verteidiger Johansson "half" dem HSV.

Dem Trainer war es egal. "Das Spiel war genau das, was wir brauchten, um wieder Selbstvertrauen zu tanken, weil wir als Mannschaft über unsere Schmerzgrenze hinausgegangen sind", freute sich ein sichtlich gelöster Labbadia, der erstmals seit März (gegen Hertha und Anderlecht) wieder zwei Siege in Folge feiern konnte und die Serie von vier sieglosen Spielen in der Liga beendete. Die Trendwende scheint gelungen.