Lüttich. Dominique D'Onofrio ist kein Mann, der lange um den heißen Brei herumredet. "Die Europa League ist wichtiger für uns als die Play-off-Spiele in der Liga", erklärte der Trainer Standard Lüttichs das Schonen von gleich neun Stammspielern bei der 0:1-Niederlage am vergangenen Wochenende gegen den KRC Genk. Dabei ist der Italiener nicht als überzeugter Europäer bekannt, sondern vielmehr ein nüchtern kalkulierender Realist.

So hat man sich aus einem ganz bestimmten Grund in Lüttich darauf verständigt, dass das Erreichen der Europa League im kommenden Jahr unwichtig, der Erfolg in der Europa League in diesem Jahr dafür umso wichtiger ist. Schuld ist die Uefa-Fünfjahreswertung, für die Normalbürger nahezu ein Mathematikstudium vollenden müssen, um wirklich alle Parameter zu verstehen.

Fakt ist: Gewinnt Standard gegen den HSV am heutigen Abend, ist die Chance groß, dass Belgien in der Fünfjahreswertung vom aktuell 14. auf den 13. Rang vorrückt und somit die Schweiz überholen würde. Das wiederum hätte zur Konsequenz, dass der belgische Meister der kommenden Spielzeit - anders als in der aktuellen Saison - sich direkt für die Champions League qualifizieren könnte. Die Krönung des Plans wäre es, wenn Lüttich in der kommenden Saison - dann ohne die Doppelbelastung der Europa League, die sie ja in diesem Jahr ohnehin zu verpassen drohen - tatsächlich belgischer Meister wird und sich so für die Königsklasse qualifiziert. Alles klar?

Damit D'Onofrios gewiefter Plan tatsächlich aufgeht, muss also zunächst heute Abend der HSV besiegt werden. Erneut dabei helfen sollen die zuletzt angeschlagenen Mehdi Carcela und Superstar Milan Jovanovic. Bleibt eigentlich nur ein Problem: Gewinnt Standard tatsächlich und setzt sich anschließend auch im Halbfinale und im Endspiel durch, müsste Lüttich in der kommenden Saison als Titelverteidiger erneut in der Europa League starten - und hätte somit weniger Kraft für das Rennen in der Meisterschaft. Allerdings dürfte D'Onofrio auch für diesen Fall einen Plan B haben.