Wie schnelllebig das Geschäft Fußball tatsächlich ist, durfte HSV-Star Guy Demel in den vergangenen Wochen gleich mehrmals erfahren.

Hamburg. Natürlich kennt auch Guy Demel die alte Phrasenschwein-Floskel, dass Fußball ein schnelllebiges Geschäft ist. So gab der Ivorer nur 20 Stunden nach der unglücklichen 0:1-Niederlage im Nord-Süd-Schlager gegen Bayern München, bei der sein direkter Gegenspieler Franck Ribéry das Tor des Tages erzielt hatte, an, dass die Pleite für ihn mittlerweile abgehakt sei. Frustbewältigung im Turbotempo. Hilfreich war wohl vor allem die Nachricht, dass der Rechtsverteidiger für das Freundschaftsspiel der Elfenbeinküste am Mittwoch gegen Südkorea überraschend nachnominiert wurde. Statt pausenlos über den einen Moment nachzudenken, in dem er nicht aufgepasst hatte, konnte sich der Wahl-Eppendorfer gestern von Kumpel Didier Drogba in Englands Metropole London ablenken lassen.

Wie schnelllebig das Geschäft Fußball tatsächlich ist, durfte Demel in den vergangenen Wochen gleich mehrmals erfahren. So ist es keine zwei Monate her, als das Gerücht über einen angeblichen Wechsel Demels zum FC Sunderland den HSV elektrisierte. Mehr als fünf Millionen Euro sollten die Engländer bereit gewesen sein, für ihren Wunschspieler zu investieren. Und noch bevor eine offizielle Anfrage tatsächlich vorlag, bemühten sich die Verantwortlichen im persönlichen Gespräch, Demel zum Bleiben zu bewegen. Mit Erfolg. Oder auch nicht - je nachdem von welchem Standpunkt aus man die Personalie betrachtet.

Denn nur wenige Wochen später konnten sich die Klubverantwortlichen nicht mehr ganz so sicher sein, ob Demels Verbleib beim HSV tatsächlich die richtige Entscheidung war. Kaum war der Ivorer vom Afrika-Cup aus Angola zurück, präsentierte er sich in einem Formtief, das aktuell eher zur Bundesregierung als zur Bundesliga passen könnte. Sowohl gegen den 1. FC Köln, den VfB Stuttgart und Eintracht Frankfurt, als auch zweimal in der Europa League gegen den PSV Eindhoven war Demel so weit von seiner Topform entfernt wie Schlusslicht Hertha BSC von der Meisterschaft. "Das Gegentor gegen Bayern war nicht die Schuld eines Einzelnen, sondern resultierte aus einer Fehlerkette", nahm Trainer Bruno Labbadia seinen Profis nach der Bayern-Niederlage in Schutz, und hält somit trotz beißender Medienschelte standhaft an seinem Rechtsverteidiger fest.

Zu Recht, findet Demels bester Freund Charles Takyi. "Ich bin fest davon überzeugt, dass Guy schon bald zu alter Stärke findet." Was St. Paulis Spielmacher so sicher macht? "Guy lebt von seiner Physis. Das ist auch schon das ganze Geheimnis. Wegen des Afrika-Cups fehlte ihm die Vorbereitung auf die Rückrunde. Da ist es doch ganz normal, dass er nach dem Turnier in ein kleines Loch fiel", sagt Takyi, der die 0:1-Niederlage des HSV in München vor dem Fernseher ganz genau verfolgte und bereits eine "ansteigende Form" Demels beobachtet haben will: "Guy hat Bayerns Ribéry fast über das ganze Spiel nicht zur Entfaltung kommen lassen." Genau genommen 77 Minuten lang.



Dann zeigte sich einmal mehr, dass - Vorsicht: erneute Floskel! - ein Spiel meistens 90 Minuten dauert. "Ribéry hat den Unterschied gemacht. So einem Spieler reicht eine Aktion. Für mich ist es ärgerlich, dass ausgerechnet mein Gegenspieler das Tor erzielte", sagte Demel, der sich von diesem Erlebnis aber nicht unterkriegen lassen will. Was ihm Hoffnung machen darf: Fußball ist und bleibt ein schnelllebiges Geschäft.