Nach dem 1:1 gegen Wolfsburg soll der Niederländer in Köln für einen Aufschwung in der zuletzt schwächelnden Offensive sorgen.

Hamburg. Bruno Labbadia kannte keine Gnade mit seinem Stareinkauf. Nachdem Ruud van Nistelrooy - mit blauer Mütze, dickem Trainingsanzug und schwarzen Handschuhen - mehr als eine Stunde von Assistenztrainer Ricardo Moniz im leichten Schneegestöber auf dem Trainingsplatz neben der HSH-Nordbank-Arena gedrillt wurde, lud der Cheftrainer seinen Neuzugang auch noch zu einem "kleinen Dauerlauf" durch den verschneiten Volkspark ein. Auf der 45-minütigen Runde am Sonnabend wollte sich Labbadia selbst ein Bild vom Zustand des Niederländers machen, der unter Hochdruck an seiner Fitness arbeitet. "Mir geht es richtig gut. Ich komme dem Mannschaftstraining Schritt für Schritt näher", sagte der Stürmer nach der gemeinsamen Rückkehr - und taxierte seinen körperlichen Zustand "auf ca. 80 Prozent".

Nun ist spätestens seit Karl-Heinz Rummenigges Ausspruch, Fußball sei keine Mathematik, bekannt, dass Zahlenspiele im Sport oft nur bedingt weiterhelfen - und doch braucht man kein Professor zu sein, um zu erkennen, dass van Nistelrooy folglich noch 20 Prozent für sein erhofftes Debüt am Sonnabend beim 1. FC Köln fehlen. "Der Trainer hat mir versichert, dass er mich nur einsetzt, wenn ich bei 100 Prozent bin und der Mannschaft weiterhelfen kann", sagte der 33-Jährige, der sein Trainingspensum täglich steigern will.

"Ruud muss hundertprozentig fit sein, um die Bundesliga zu überleben" , sagt Assistenztrainer Ricardo Moniz, der bis zur Rückkehr ins Mannschaftstraining erster Ansprechpartner für seinen Landsmann bleibt. So hat das Trainerteam für van Nistelrooy einen genauen Plan ausgearbeitet, nach dem sein Trainingsumfang von Tag zu Tag intensiviert wird. "Die erste Rehaphase ist vorbei", erklärt Moniz, "nun folgt fußballspezifisches Training." Angedacht ist, dass der Torjäger zunächst mit Moniz allein, anschließend mit jüngeren Spielern "als Sparringspartner" und später mit der Mannschaft trainiert. "Wir müssen behutsam mit ihm sein. 95 Prozent reichen nicht", sagt Moniz, der sogar ganz neue Zahlenkombinationen entdeckt hat: "Eigentlich muss er nicht 100, sondern 110 Prozent fit sein."

Und trotzdem: Fußball ist keine Mathematik.

Labbadia warnt jedenfalls davor, zu großen Druck auf van Nistelrooy auszuüben: "Wir müssen aufpassen. Ru ud ist nicht der Heilsbringer." Der Einwand ist berechtigt, nur hören will das niemand. So wurden in nur drei Tagen 1500 Trikots mit der Rückennummer 22 verkauft - und nach dem verdienten aber glücklichen 1:1 gegen Wolfsburg sind sich Fans und auch Profis darüber einig, dass eigentlich nur einer für neuen Schwung in der zuletzt schwächelnden Offensive sorgen kann. "Ruud kommt hoffentlich bald dazu. Es ist immer gut, wenn man einen Topspieler dabei hat", sagt Joris Mathijsen, für Guy Demel ist es einfach nur "geil, wenn man zum Trainingsplatz kommt und plötzlich Typen wie Ruud van Nistelrooy trifft". Und selbst Sturmkonkurrent Marcus Berg schwärmt: "Ruud ist ein fantastischer Spieler, der dem Klub gut tut."

Wie schnell van Nistelrooy dem HSV tatsächlich gut tun kann, will aus dem Trainerstab niemand prognostizieren. "Ruud gibt der Mannschaft alleine durch seine Präsenz neue Impulse", sagt zwar Moniz, ohne sich aber auf einen Termin für das Debüt festzulegen. Mitte der Woche soll entschieden werden, ob van Nistelrooy bereits gegen Köln in den Kader rückt. "Noch sprechen mein Kopf und mein Herz eine unterschiedliche Sprache", sagt der Torjäger, "mein Herz hätte am liebsten schon gegen Wolfsburg mitgespielt." Der Kopf verweigert derzeit noch die Aussage.

Und obwohl der HSV in diesem Jahr erst drei Treffer in drei Spielen erzielen konnte, hätte Labbadia keine Probleme damit, gegen Köln erneut auf die zuletzt glücklosen Petric und Berg im Angriff zu setzen. Dabei hat "Sorgenkind" Berg das letzte Mal vor mehr als drei Monaten in der Bundesliga getroffen. Ob sich der Schwede also tatsächlich im Schatten van Nistelrooys weiterentwickeln kann? Labbadia lacht: "Im Moment steht Ruud im Schatten von Berg."