Als Sportjournalist muss man zunächst mal sachlich, objektiv und neutral berichten. Man sollte nüchtern beschreiben, nie den Kopf verlieren und sich nicht von allgemeinen Stimmungen leiten lassen. Wenn alle im Stadion um einen herum jubeln, klatschen und tanzen, darf man trotzdem nie den Überblick verlieren. Man sollte eine Art Bruno Labbadia der Pressetribüne sein.

So weit die Theorie. Das alles kann und muss man in der Praxis vergessen, wenn man einem Spieler wie Eljero Elia zuschaut. Sachlich beschreiben? Schwierig! Objektiv und neutral berichten? Geht nicht! Nie den Kopf verlieren? Unmöglich! Elia spielt nicht, er zaubert. Er streichelt den Ball, er probiert Dinge aus, die vor ihm kaum jemand gewagt hat. Er macht all das, was Fußball zu einem einzigartigen Vergnügen werden lässt. Seine Art, den Ball zu führen, gehört ausgestellt in den Louvre - am besten neben die Mona Lisa. Wer den gerade mal 23-jährigen Niederländer das erste Mal auf dem Platz gesehen hat, will nach 90 Minuten in den Fanshop laufen, um sich ein Trikot mit den vier magischen Buchstaben E, L, I und A und der Rückennummer 11 zu kaufen. Elia ist - Vorsicht! Unsachlicher, pleonastischer Superlativ! - ein galaktischer Fußball-Gigant!

854 von insgesamt 2249 Teilnehmern der Abendblatt.de-Umfrage, wer bester HSV-Profi der Hinrunde war, haben es ähnlich gesehen. Mit 38 Prozent wurde Elia vor Zé Roberto (34 Prozent) und Jerome Boateng (8 Prozent) auf Platz eins von den Usern gewählt. Eine Wahl, die auch beim Blick auf die Statistik wenig verwundert. Mit fünf Treffern und sieben Vorarbeiten ist Elia Hamburgs unangefochtener Topscorer. "Es macht Freude, Eljero zuzuschauen. Wenn er den Weg weitergeht, dann wird er ein fantastischer Spieler", lobt Labbadia seinen Schützling, den er zu Beginn dieser Saison noch als Talent bezeichnete, mit dem man Geduld haben müsse.

Elia, der Weihnachten im Familienkreis in seiner holländischen Heimat verbringt, freut sich über die Lorbeeren, bleibt aber gleichzeitig auf dem Boden: "Natürlich ist es ein schönes Gefühl, gelobt zu werden. Aber ich weiß auch, wem ich das alles zu verdanken habe: der Mannschaft, dem Trainer und den Fans. Alle haben mir in den ersten sechs Monaten hier in Hamburg geholfen." Und natürlich hat sich der Flügelflitzer längst auf seine Art und Weise bedankt: mit einem Streichelpass auf Marcell Jansen gegen Bremen, mit einem Doppelpack in Nürnberg oder auch mit einer Galavorstellung in Hannover - kurzum: mit unzähligen magischen Momenten in der Hinrunde.

Kurz vor Weihnachten, wenn sich ohnehin jeder im Rausch der Gefühle befindet, darf man auch als Journalist ausnahmsweise den Kopf verlieren. Allen Lesern, die diese Liebeserklärung an Elia zu weit ging, sei versichert, dass im neuen Jahr wieder gewohnt sachlich und objektiv berichtet wird - in der Hoffnung, dass es einem Elia dabei weiterhin nicht leicht macht.