Sechs Gegentreffer hat der Hamburger SV nach zehn Spieltagen per Kopf kassiert - das sind doppelt so viele wie in der vergangenen Saison.

Hamburg. Guy Demel wusste Bescheid. Auf die Frage nach den Gegentoren gegen Schalke 04 lächelte der Ivorer verlegen. "Ich kam nicht richtig hoch", so Demel, der beim ersten Gegentor das entscheidende Kopfballduell gegen Kevin Kuranyi verloren hatte, "aber zum Glück verliere ich sonst nicht so viele Duelle."

Seine Teamkollegen indes schon. Sogar auffällig häufig. Fielen in der vergangenen Saison in 34 Spieltagen nur drei der insgesamt 47 Gegentore per Kopf, sind es in der aktuellen Saison nach zehn Spieltagen schon sechs der insgesamt elf Gegentreffer. Ein Grund dafür ist sicher das Fehlen des wohl kopfballstärksten Innenverteidigers der Liga, Bastian Reinhardt (Fußbruch). Aber für Trainer Bruno Labbadia ist das nur die halbe Wahrheit: "Ich habe mir eine CD mit allen Gegentoren und den dazugehörigen Entstehungen schicken lassen." Sein Fazit: "Wir haben bisher sehr offensiv gespielt, die Gegner zumeist tief gestanden. Da sind Konter eine logische Folge."

Labbadias simple Rechnung: Der neue Offensivgeist muss mit der größeren Gefahr von Kontern über die Außen und somit gegnerischen Flanken bezahlt werden. Und damit steigt automatisch die Wahrscheinlichkeit von Kopfball-Gegentoren. Labbadia: "Unsere Spielweise birgt Risiken - aber sie sorgt eben auch für mehr eigene Tore."

Dennoch, das Problem in der Luft hat auch den Trainer alarmiert. "Wir haben mit Jerome Boateng und Guy hinten lange Kerls, die für Kopfballduelle sehr gut geeignet sind, in dem Bereich noch stärker werden müssen", sagt Labbadia, der zudem eine Forderung an seinen Innenverteidiger und Neu-Nationalspieler stellt: "Jerome muss als Innenverteidiger in einer Saison normalerweise drei bis fünf Tore machen. Das müssen wir immer und immer wieder trainieren." Also weiter Offensive zuerst? Labbadia erklärt: "Ja, aber die Kopfballstärke muss er offensiv wie defensiv einsetzen. Besonders bei ruhenden Bällen."

Deshalb genießen Standardsituationen diese Woche, die erste komplette Trainingswoche mit allen Spielern zusammen, im Training Priorität. Zum einen, weil Nachholbedarf besteht. Zum anderen, weil die nächsten Gegner defensiv erwartet werden, die Räume aus dem Spiel heraus eng werden. "Wir hatten dafür bei der kurzen Vorbereitung kaum Zeit. Jetzt geht es darum, dass wir uns hier Automatismen aneignen", erklärt Co-Trainer Eddy Sözer, "das ist viel Übung und eben Kopfsache. Klar ist, bei Standards müssen wir offensiv wie defensiv in den nächsten Wochen mehr Ergebnisse erzielen."

Immerhin besagt die Statistik, dass 30 Prozent aller Tore über Standards erzielt werden. Ob sich der HSV Sorgen machen muss? Demel glaubt es nicht: "Klar müssen wir uns verbessern. Aber in der Bundesliga gibt es zum Glück nur wenige, die in der Luft so stark sind wie Kuranyi." Zu diesem elitären Kreis zählt allerdings Kopfballspezialist Rob Friend, der am Sonnabend (15.30 Uhr, Sky live, Live-Ticker auf abendblatt.de) mit Mönchengladbach in der Nordbank-Arena testen wird, inwieweit der HSV weiter ein "Kopfproblem" hat.

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